Die Lötschberg Südrampe per Mountainbike !

Start des Wanderweges in Hohtenn und Blick ins TalLüegilchi Viadukt nach Hohtenn

Ausserordentliche Touren brauchen ausserordentliche Beiträge. Deshalb sei der Leser gewarnt. Dieser Beitrag ist nicht nur lang sondern hat auch 36 Bilder. Die  Tour stand schon lange ganz oben auf meiner Top-Liste. Bei diesen Wetteraussichten und angesichts der Möglichkeit die Tour am Freitag zu fahren, gab es kein Halten mehr. Die Rede ist von der BLS Lötschberg-Südrampe – eine Mountainbike-Tour der Superlative und etwas vom Besten was ich bisher mit zwei Rädern gefahren bin!

Blick auf Steg und die Rampe hinauf nach Hohtenn BahnhofNatur Pur am frühen Morgen auf der Südrampe

Wer nicht so lange lesen will, für den gibt es hier gleich ein Fazit: Die Lötschberg Südrampe bietet ein einzigartiges Erlebnis in vielen Bereichen. Erstens führt sie entlang eines technisch faszinierenden historischen Eisenbahnbauwerks.  Zweitens bietet die Tour tiefe Einblicke in die Geschichte der Walliser Kulturlandschaft, speziell in die Geschichte der Walliser Suonen. Drittens ist die Tour eine fahrtechnische Herausforderung und ein permanentes Abenteuer.

Chrüter Beizli bei RitzubodeTragestrecke runter zum Jolibach

Nicht zufällig ist deshalb die Südrampe auch einer der beliebtesten Wanderwege des Wallis. Da das Kreuzen auf dem schmalen Pfad schwierig ist, sollte man sich für diese Tour nur Randstunden und nicht das Wochenende aussuchen. So fuhr ich um 0500 los, durch den Lötschberg und war kurz nach 0700 im Bahnhof Hohtenn. Wer hier parkieren will, sollte in jedem Fall früh aufstehen. Der Entscheid war richtig, auf der ganzen Tour bin ich bis am Mittag niemandem und am Nachmittag nur einer Handvoll Wanderer begegnet.

Variante in Richtung Bietschbach NaturbrückeBlick auf den Bietschbachviadukt, die Naturbrücke und die Variante

Wer sich nun unter Südrampe ein gemächliches Runterfahren entlang der BLS Strecke nach Brig vorstellt, sei gewarnt. Die Tour hat einige Höhenmeter zu bewältigen (speziell in meiner Variante) und oft fragt man sich wieso die Strecke nicht Ostrampe heisst. Natürlich könnte man in Brig wieder in den Zug steigen, ich zog es jedoch vor per Pedalkraft zurück nach Hohtenn zu fahren. Das bedeutet am Schluss nochmals ein Paar Höhenmeter und wer die Talflanken des Wallis kennt, weiss wie steil die sein können.

Etwas ausgesetzte Strecke bei der Bietschtal-VarianteSuone entlang der Südrampe

Die Tour könnte man wohl auch umgekehrt fahren. Ich würde aber in jedem Fall die West – Ost Richtung mit Start in Hohtenn oder Steg empfehlen. Am Morgen früh war das Tal noch Nebelverhangen, der Blick in Richtung Sion liess aber wunderbares Wetter erwarten. Am Start gibt eine Tafel Auskunft über die (Eisenbahn-) Geschichte der Südrampe. Die Strecke ist gut markiert (jedoch folge ich nicht immer dem Wegweiser) und bietet unterwegs auf vielen Schautafeln spannende Informationen.

Neue Suone-Holzleitung entlang der SüdrampeWunderbarer und breiter Weg entlang des Bietschtals

Im lockeren Auf- und Ab folgt der Weg zuerst der Bahnstrecke. Dabei sind auch einige kurze Trage- und Schiebestrecken zu bewältigen. Wie üblich im alpinen Gelände muss man immer wieder mal vom Mountainbike runter, aber das gehört zum Erlebnis. Der offizielle Südrampen-Weg ist übrigens sehr gut unterhalten und auf meiner Fahrt begegnete ich mehreren Arbeitern, die den Wanderweg nach dem Winter reparierten und vom hohen Gras befreiten.

Walliser IdylleWalliser Dorf

Beim Chrüter Beizli kann man sich für die erste Variante der Tour entscheiden: Entweder die Abkürzung über den Bahnviadukt oder auf dem Wanderweg hinauf nach Ritzubode (Kurze Tragestrecke oder Strässchen). Ich empfehle den Wanderweg. Nicht nur wegen dem schönen Singletrail und den ausgesetzten Stellen, sondern weil ich nur so drei Gämsen gesehen habe und weil die Naturbrücke über den Bietschbach eine eigenständige Sehenswürdigkeit ist.

Stollen Ausserberg - Eng, Nass, DunkelEingang Stollen Ausserberg

Schon bald folgt dann der Wanderweg der ersten Suone. Die berühmten Wasserleitungen bringen seit Jahrhunderten Schnee- und Gletscherwasser in die trockenen Flanken des Wallis und erlaubten der lokalen Bevölkerung das Überleben. Wie man während der Tour sehen kann, sind diese Wasserleitungen auch heute noch genutzt und links und rechts des Weges werden die Felder bewässert. Fahrradtechnisch sind die Suonen mit ihrer flachen Neigung eigentlich ideal. Problematisch ist nur, dass es oft zwischen Felswand, Suone, Pfad und Abgrund nicht viel Platz gibt. 😉

Weinbergschnecken im BaltschiedertalJesuskreuz bei Ausserberg

Vor Ausserberg durchquert man noch einige wunderbar alte Walliser Ställe und Häuser. Nach der Fahrt durch Ausserberg folgt ein weiteres Highlight – der Niwärch Stollen ins Baltschiedertal. Wer hier durch will muss zwingend eine Lampe mitführen. Der Stollen ist ziemlich eng, feucht und sehr dunkel. Mit dem Mountainbike ist dies eine ganz neue Erfahrung. Der Stollen spukt den Biker direkt auf einen schönen Singletrail im wilden Baltschiedertal aus. Hier geht der Action nun richtig los. Die Gorperi Suon ist ziemlich ausgesetzt, die vielen Marien- und Jesusstatuen garantieren aber für die Schutzengel. Einzig die zahlreichen Schnecken auf dem Trail leben etwas gefährlich.

Gorperi Suon im oberen TeilBrücke über den Baltschiederbach

Der erste Teil der Gorperi Suon hat einige steile Abschnitte bei denen man besser vom Bike geht. Ansonsten ist der Pfad erstaunlich gut befahrbar. Besonders ausgesetzte Stellen sind meistens per Tunnel umfahrbar. Hier wird es oft ein wenig eng. Ansonsten gilt die übliche Regel, dass Umfallen in die falsche Richtung absolut verboten ist. Etwas entschärft wird die Situation durch die vielen kleinen Bäume, die den Blick (aber wohl kaum den Sturz) in die Tiefe einschränken.

Gorperi Suon - Stelle mit rekonstruiertem HolzkännelGorperi Suon - Rekonstruierter Holzkännel

An einer Stelle wurde ein historischer Kännel rekonstruiert. Bevor man Tunnel grub, wurden die Wasserkanäle in abenteuerlicher Weise in ausgehöhlten Baumstämmen in die Felswand gehängt. Wer absolut schwindelfrei ist, kann sich dies im Detail anschauen. Ich wagte mich bis an den Holzrost… Unglaublich was hier die Bergbauern früher leisteten – ein Beweis wie wichtig das kostbare Nass für das Überleben der Landwirte war und ist.

Gorperi Suon - Felswand, Suone, Trail, Bäume und AbgrundGorperi Suon - Tunnels

Bei Hohwang oberhalb Eggerberg ist vorerst Schluss mit Suonenflow. Nach Berichten im Internet scheint der weitere Südrampenweg-Verlauf bis Mund wenig Bikefreundlich zu sein bzw. vorwiegend auf Asphalt zu führen. Umfahren kann man die Problemzone obendurch oder untendurch. Ich wähle natürlich die Höhenmetervariante. Auf der Strasse geht es rauf nach Finnu und danach auf einer länger Schiebestrecke bis nach Chastler. Rückblickend wäre die Variante Finnu – Bodma wohl die Bessere.

Mittagsmenu im Restaurant SalwaldAusblick von Chastler

Dafür gab es in Chastler wunderbare Blicke aufs Tal und auf die gegenüberliegende Talseite mit den Viertausendern. Langsam war ich richtig hungrig und so kam das Restaurant Salwald genau richtig. Das Menü war hervorragend und die Teller mit viel Liebe angerichtet. Das Risotto sicher mit echtem Safran des Nachbardorfes Mund gemacht. So musste ich mich richtiggehend zwingen wieder auf die Strecke zu gehen.

Herrliche Wiesentrails unterhalb ChastlerBlick auf Viertausender und Matterhorn

Auf herrlichen Wiesentrails ging es runter nach Schalba und entlang der Wyssa Suone bis zu einem neuen Tunneleingang. Der noch relativ junge Tunnel führt direkt ins abgelegene Gredetschtal. Zum Glück hat dieser Tunnel etwas Licht und kann so auch ohne Lampe befahren werden. Am Ende des Tunnels findet man sich plötzlich in alpinem Gelände wieder und die Schneeresten von Lawinen zeugen davon.

Eingang Wyssa StollenBrücke über den Mundbach

Zuerst führt ein gut fahrbarer Trail das Tal hinauf und dann auch gleich wieder hinunter. Nach einer neuen Brücke beginnt die Obersta Suon. Sie ist deutlich weniger gute unterhalten als die bisherigen Pfade. Entsprechend knifflig sind einige Stellen. Dies besonders auch in den zahlreichen Tunnels, welche man nur noch gebückt durchqueren kann. Der Platz für das Bike wird so ziemlich eng. Dafür entschädigt die Suone mit wunderbaren Ausblicken.

Obersta SuoneBlick ind Gredetschtal

Die Abfahrt nach Moos war dann entweder auf Asphalt oder auf einem kaum fahrbaren Wanderweg. Ab Moos gab es aber wieder historischen Strassenbau in Vollendung zu bewundern. Bis nach Naters hinunter schlängelt sich eine historische Strasse bzw. der alte Säumerpfad, dessen Belag zum ultimativen Bike-Rütteltest führt – Spass macht es trotzdem. Beeindruckend wie gut die Bauwerke aus Trockenmauern die Zeit überdauern.

Historische Strasse runter nach NatersBlick auf Naters bzw. Brig

Der Rückweg ist kurz erzählt. Ich fuhr auf dem offiziellen Fahrradweg entlang der Rhone in Richtung Steg. Leider wehte ein heftiger Wind entgegen und so wurde die Fahrt anspruchsvoller als gedacht. Der Plan war in Unner-Raron Höhe zu gewinnen und entlang des Suonen-Weges nach Hohtenn zu fahren. Leider macht die beeindruckende Hängebrücke und der anschliessende Steg durch die Jolibachschlucht dem Vorhaben ein Ende. So trage ich das Bike ein zweites Mal die Treppen beim Jolibach hoch und geniesse nochmals den Südrampen-Trail bis zum Bahnhof in Hohtenn.

RhoneHängebrücke über den Jolibach

Die Südrampe und die Trails entlang der Suonen sind bei sicherer Fahrtechnik und bei wenig Höhenangst zum grössten Teil fahrbar. Mit einigen Anpassungen könnte man wohl die wenigen längeren Schiebestrecken auf der Tour noch umgehen. Die Route zeigte wieder mal wie viele Trails es hier noch zu entdecken gibt. Ich bin wohl nicht das letzte mal in dieser Region gewesen!

Statistik: 65.6 km, ca. 1887 Höhenmeter, Fahrzeit 6:16 h

Reminder: Abklären ob die Niwärch Suon westlich des Stollens fahrbar ist – wäre eine schöne Umgehung von Ausserberg. Variante Finnu – Bodma – Wyssastollen zur Umgehung der Tragestrecke nach Chastler prüfen.

12 Kommentare zu “Die Lötschberg Südrampe per Mountainbike !

  1. Ulrich
    Antworten

    Als Wanderer, der viel auf Bergwegen unterwegs ist, kann ich die strampelnden und keuchenden Velozipedisten nur bedauern. Sie haben keine Zeit, die selten schöne Flora zu bewundern und keine Musse, die Landschaft intensiv zu betrachten, weil sie mit äusserster Konzentration aufpassen müssen, um das Gleichgewicht zu halten. Und für jeden Wanderer ist ein Biker auf den schmalen Wegen einfach mühsam, darüber gibt’s gar nichts zu diskutieren un d zu beschönigen.

    1. Spoony Beitragsautor
      Antworten

      Werter Ulrich
      Besten Dank für den kritischen Kommentar. Habe soeben das Wort Velozipedisten gelernt und bedauern musst du mit uns nicht haben, wir machen das alle freiwillig. Ansonsten wirst du als Leser dieses Blogs sicher bemerkt haben, dass ich sehr wohl auf Touren Natur und Kultur am Wegesrand wahrnehme und geniesse. Beste Grüsse von einem Mountainbiker und Wanderer

  2. Rainer
    Antworten

    Danke für den ausführlichen Bericht. Ich war gestern auf dem Südrampentrail gemäss http://www.gps-touren.ch/01_touren/einzel.php?tourId=1041 und bei dieser Route wird entlang des Niwärch westlich des Tunnels gefahren. Dazu verlässt man die Strasse bei (46° 19.239’N, 7° 51.118’E). Der Trail ist sehr schmal, da wenig befahren, aber nicht ausgesetzt 🙂
    Die Tour führt zwischen Eggerberg und Mund „unten“ durch über „Oberi Brich“ und diese Variante ist gar nicht zu empfehlen – zu viele Schiebepassagen – frustrierend 🙁

  3. rotscher
    Antworten

    Jetzt habe ich es kapiert und den Weg auf der Karte gesichtet. Wäre ein Versuch wert. Z.B. von Ausserberg das Strässchen hoch bis zum Weiler Niwärch, dann dieser Suone entlang bis zum Stollen, dann Stollen usw. So müsste man nicht der Aspaltstrasse bis zum Stollen folgen und hat ein paar Meter mehr Trail. Gehst du das mal testen? Du hast den kürzeren Anfahrtsweg 🙂

  4. Spoony Beitragsautor
    Antworten

    Rotscher, ich meine nicht die Suone parallel zum Tunnel, sondern die Nirwärch führt nach dem Tunnel oberhalb von Ausserberg weiter nach Westen. Das scheint noch interessant!

  5. rotscher
    Antworten

    Den Lowigrabe kenne ich nicht. Habe ihn auch auf der Karte nicht gefunden. Auf dieser Talseite gibt es meiner Meinung nach nur 2 Wege ins Baltschierdertal. Den Stollen oder den Niwärch.

  6. Thomas
    Antworten

    Respekt, ich hoffe Du hast das per GPS aufgezeichnet. Ich bin ernsthaft am Überlegen das mit unserem Vinschgau Urlaub zu kombinieren.

    Danke für diesen tollen Artikel (gäbe es hier ein flattr.com Button, hätte ich ihn gedrückt :-)!

  7. rotscher
    Antworten

    Na Spoony, da hast du aber volle Arbeit geleistet. Es ist einfach immer wieder ein Traum diese Strecke. Auch das Baltschiedertal mit Stollen ist genial. Übrigens ist der Niiwärch nicht fahrbar!!! Zum wandern aber eine Empfehlung. Mann muss aber Schwindelfrei sein! Dieser zeigt die Bauwerke rund um die Suonen noch viel eindrücklicher als der Gorperi.
    Ich habe die Strecke auch schon mehrmals in die andere Richtung gefahren. Gefällt mir auch sehr gut, weil man dann eine der genialen Abfahrten Richtung Niedergesteln nehmen kann.
    So, jetzt muss ich aufhören, da ich sonst wieder in schwerste Sehnsucht verfalle. Du weisst ja schon, Entzugserscheinungen!

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