Das gestrige Sonnenwetter muss ich heute gleich wieder büssen. Auf dem Programm stünde Griespass – Passo San Giacomo – Bedrettotal – Airolo. Nun, daraus wird wohl nichts. Der Blick auf den Regenradar und aus dem Fenster ist ernüchternd. Schon um 0700 Uhr türmen sich in den Alpen heftige Gewitter. Draussen nur grau in grau – ich wage es trotzdem. Das Postauto fährt in Ulrichen um 0735 Uhr. Zum Glück war das Hotel kulant und hat mir ein Frühstück ‚vor das Zimmer‘ gebracht (Toll!). Noch bevor das Postauto erscheint, beginnt es aus der grauen Wand zu regnen…
Ich fahre mal prophylaktisch bis auf den Nufenen um dort im Bergrestaurant nochmals die Lage zu überdenken. Bei Kaffee und Nussgipfel studiere ich auf der Karte Varianten. Im Postauto hatte es zwei aufgestellte ältere Frauen, die irgendeinen Fernwanderweg abmarschieren und bei der Abzweigung Griespass ausstiegen, um ebendiesen zu begehen. Ich fühle mich ein wenig als gewitterphobisches Weichei!
Nach einem zweiten Kaffee bin ich bereit und fahre den Pass runter zur Abzweigung Griespass. Die Sichtweite ist bei 10m und angesichts meiner beschlagenen Brille bei de facto 2cm. Beim Griessee spuken Bilder aus den Internet vom See und vom Griesgletscher durch den Kopf. Es beginnt immer stärker zu regnen und ich montierte die Regenhosen, die wasserdichten Socken und die GoreTex-Handschuhe. Für solche Situation hat man ja die teure Regenbekleidung. 🙁
Oberhalb des Windrades, dessen Flügel im Nebel verschwinden, führt der Weg zum Mändeli (2616m) und weiter zum Cornopass. Ich entscheide die Etappe abzukürzen und via Val Corno so rasch als möglich dem Regen und Nebel zu entfliehen. Der Trail runter zur SAC Hütte Corno-Gries ist nur streckenweise fahrbar. Das Gelände ist sehr schottrig und zusätzlich müssen einige Altschneefelder überquert werden.
Bereits aus der Ferne sieht man die markante SAC Hütte in der Talmitte. Die originelle Konstruktion hat etwas von einem Kontrollturm. Der erste Anblick gefällt mir sehr und der zweite Blick in die Gaststube und der nette Empfang der Hüttenwirtin noch viel mehr. Spontan entscheide ich mich, den Tag hier zu beenden. So verbringe ich ab 1000 Uhr einen Tag in der Hütte und geniesse es sehr!
Schon bald kann ich mein Kajütenbett im Dachgeschoss der Hütte beziehen. Zeit um mich etwas hinzulegen und die müden Beine zu entspannen. Mittag und Nachmittag verbringe ich im Gemeinschaftsraum mit Lesen und entdecke dabei das Magazin Transhelvetica. Sehr lesenswert das Teil! Der Regen hat aufgehört und so gibt es einige kurze Fotoerkundungen in der unmittelbaren Umgebung der Hütte. Auf der Terrasse hat man einen schönen Blick auf die Nufenenstrasse und runter ins Val Bedretto.
Während den Stunden auf der Hütte hatte ich etwas Zeit die neu eintreffenden Gäste zu beobachten. Ich denke die SAC Hütten befinden sich irgendwo in einer Komfort-Spirale. Das Problem ist nur, dass die Gäste damit immer höhere Ansprüche haben. Ich musste mich fast fremdschämen, als sich deutsche Mountainbiker über die fehlende Duschmöglichkeit beklagten (weil vorher ein anderer Gast das warme Wasser leergeduscht hat) und danach ihre Bikewäsche so wuschen, dass die Hüttenwartin den halben unteren Stock feucht aufnehmen musste. Da lob ich mir die alte Zeit als es vor der Hütte nur einen Brunnentrog mit Gletscherwasser gab…
Am Abend dann noch ein tolles Schauspiel als die untergehende Sonne in ein Gewitter scheint und einen wunderbaren Regenbogen über dem Tal erscheinen lässt. Abende auf SAC Hütten sind einfach toll, egal wie das Wetter ist. Ich geniesse das einfache Nachtessen und schlafe trotz Zimmernachbarn sehr gut. Die Übernachtung kostet 28 CHF, die Halbpension 40 CHF. Am Ende hatte ich trotzdem 120 CHF auf der Gesamtrechnung.
Das war nun ein grosser Blogbeitrag für nicht mal 8 km Mountainbiken… 😉 Danke fürs Lesen!
Statistik: 7.7 km, ca. 264 Höhenmeter, Fahrzeit 1:07 h
Übernachtungen in Hütten sind immer wieder toll. Und so ein halber Ruhetag darf ruhig auch mal sein 🙂
Ende August habe ich die Gotthardumrundung aus Ride 04/2009 abgefahren. Deine Bilder sind fast identisch zu meinen. Ab der Grieshütte wollten wir auch bis Höhe Airolo auf dem Wanderweg bleiben, mussten dann aber infolge stark anschwellender Bäche und viel zu langsamen Vorwärtskommens auf die Passstrasse runter. Die Trails vom Griessee zur Hütte waren aber richtig toll zu fahren.
Hoi Patrick, also die Abfahrt bzw Überfahrt nach Airolo folgt im nächsten Beitrag – auch bei schönem Wetter ‚ein Chrampf‘!