Weiter geht die Suche nach Alpentälern. Während ich das Val Lumnezia bereits kenne, ist das Valsertal südlich von Illanz noch ein weisser Fleck auf meiner ‚Mountainbike‘-Karte. Tatsächlich zieht sich die Anreise in die Länge. Der Valser Rhein hat sich tief in die Landschaft eingegraben. Ohne die vielen Strassen-Kunstbauten wäre das Tal noch heute nicht aus Richtung Norden erschlossen.
Für Mittag sind Gewitter angesagt und so fahre ich eine kleine Runde auf der offiziellen Bikeroute ins Peil. Das Tal ist das kleinere von zwei Seitentälern und verspricht eine lockere Runde. Ich erkunde erst per Bike das Dorf Vals (1251m) – ins Auge fällt der extravagante Neubau der Truffer AG. Etwas weiter im Tal geht es vorbei an der Talstation der Seilbahn und weiter zum Steinbruch, wo der berühmte Valser Stein aus der Schluchtwand gewonnen wird.
Ein breiter Schotterweg führt durch den Peiler Wald und ich wundere mich über die Lastwagen. Die Route nimmt eine Zusatzrunde via Bodahus (1746m) auf einem sogenannten Polenweg. Wie drüben am Tomülpass wurde dieser Weg während dem 2. Weltkrieg durch internierte Polen gebaut. Scheinbar hatten sie Lust auf steile Wege, welche nur am Limit zu befahren sind. Ich fahre alles, muss aber öfters anhalten und den Puls runterbringen.
Beim Bodahus gibt es schöne Aussichten ins Tal, würden da nicht auf beiden Talseiten Lastwagen und schwere Baumaschinen stehen. Mit schwerem Gerät werden Alpwege zu kleinen Autobahnen ausgebaut. Keine Ahnung wieso die relativ guten Alpstrassen betoniert, geschottert und verbreitert werden müssen. In jedem Fall ist das entlegene Tal zur Zeit eine einzige grosse Baustelle.
Mit dem richtigen Fotowinkel lässt sich trotzdem die Bergidylle einfangen. 😉 Ein kurzer Zwischensprint runter nach Peil (1667m) und weiter in Richtung Fanellastafel (1868m) auf der gleichnamigen Alp. Nach der Wasserfassung geht es für Mountainbiker beim Punkt 1755 nicht mehr fahrend weiter. Schade, ich hätte gerne das menschenleere Tal erkundet, um einen Blick auf den Fanellgletscher zu erhaschen.
Im Mittelalter war das Motto: Geht nicht, gibts nicht! Der Talkessel von Vals war wegen der Schlucht des Valser Rheins von Norden nicht zugänglich. Die Walser wanderten also über den 2503m hohen Valserbärg ein und nutzen den Pass weiterhin, beispielsweise für das Vieh und den Handel. Unglaublich wenn man sich das im Gelände anschaut!
Ich zivilisationsverwöhnter Warmduscher stört sich eher am nicht geöffneten Alpkiosk. Der Rückweg führt rechts des Tales, vorbei an der Alpwegbaustelle, über eine heftig steile Rampe bis Tschifera (1749m). Ab da gibt es einen Singletrail entlang der Talflanke, der spassig und fahrbar ist, aber durchaus etwas Technik braucht, um nicht mit anstellenden Pedalen abzufliegen oder sich die Reifen an spitzigen Steinen aufzuschlitzen.
Schon bald hat man eine grandiose Aussicht auf den Valser Talkessel und die Ortschaft selber. Noch heute müssen in Vals neue wie alte Bauten mit Steinplatten bedacht sein, was zum schönen Ortsbild beiträgt. Die Abfahrt nach Vals ist weniger spektakulär, weil auf Beton.
Ich fahre eine Zusatzschlaufe im Talgrund, vorbei an der St. Petersquelle, wo einerseits das Valserwasser herkommt und andererseits die weltberühmten Thermen gespeist werden. Beim Anblick der Valserwasserfabrik fragt man sich schon, ob es wirklich Sinn macht dieses Wasser mit Lastwagen durchs enge Tal raus in die ganze Schweiz zu transportieren. Auf der anderen Seite ist das Wasser kein unbedeutender Wirtschaftsfaktor im Tal.
Ich habe im B&B und Café Schnider gebucht. Die haben ebenfalls Zimmer im Gebäudekomplex der Therme. Diese wurden durch einen Schiffsarchitekt in den 60ern als 1-Zimmer Ferienwohnungen entworfen und haben wie der Rest der Gebäude einen sehr speziellen 60er Charme. Mit gefällt es richtig gut, besonders die vielen cleveren Wohnlösungen, die im Zimmer eingebaut sind, von der Küche bis zur Badewanne.
Fazit: Wo in Graubünden Mountainbiken draufsteht ist auch Mountainbiken drin. Die Tour war anspruchsvoller als gedacht, kurzweilig, steil und bietet (mal abgesehen der temporären Bauarbeiten) schöne Panoramablicke auf Vals und ein abgelegenes Alpental.
Statistik: 21 km, ca. 686 Höhenmeter, Fahrzeit 2:16 h