Vom Scalettapass zur Keschhütte !

Meine Sommerferien auf dem Bike starten in Davos (1559m). Ich übernachte im Hotel Dischma in einem preiswertem Einzelzimmer und mit einem guten Frühstück. Da ich in der Keschütte übernachten werde, suche ich einen Parkplatz für mein Auto. Nach fast einer Stunde Rumgekurve durch die Einbahnhölle von Davos die Erkenntnis – unter 1 CHF / Stunde gibt es hier keinen Parkplatz, was ich angesichts der Tausenden von ungenutzten Parkplätzen im Sommer ziemlich frech finde, besonders weil man ja die Hüttentouren aktiv anpreist und dann keine zahlbaren Langzeitplätze anbietet. So gehe ich ins Migros Parkhaus, da es hier auch nicht mehr kostet.

Ich bin auf den Spuren meiner selbst. Vor rund 17 Jahren, in den Anfängen meiner Mountainbike-Historie, fuhr ich mit einem Migros Hardtail die klassische Tour über die Keschhütte (Route 339), damals vom Engadin her. Diese Tour hatte definitiv den Mountainbikevirus in mir entfacht. Der Aufstieg erfolgt durch das Dischmatal, zuerst auf Trail, dann Schotter, dann auf einem Alpsträsschen mit angenehmer Steigung. Ich folge dem Bikewegweiser auf der zum Glück wenig befahrenen Strasse, werde das nächste Mal aber den Schotterweg auf der linken Talseite bis Gulerigen Hus nehmen.

Ziel ist der Dürrboden (2004m), eine schöne Alpbeiz mit Davoser Preisen – Kaffee und 5 dl Wasser für 12 CHF. Nun ist fertig lustig, es folgt der Aufstieg zum Scalettapass auf dem Wanderweg. Laut Tourbeschreibungen sind 60% – 80% fahrbar, das dürfte gelogen sein, bei mir sind es definitiv eher 60%, aber es sind ja auch nicht alle so unfit wie ich. Wer sein Bike liebt, der schiebt. 😉 Ich kämpfe und noch vor der Passhöhe habe ich erste Krampferscheinungen, speziell in den Oberschenkeln. Tief durchatmen und mindestens zwei Gänge runterschalten!

Die Schneefelder ab etwa 2400m geben mir den Rest. Der Schnee ist tief und wenn man nicht aufpasst fällt man bis zu den Oberschenkeln durchs Schneefeld ins Leere. Das Bike darüber zu wuchten braucht so richtig Kraft und dass mir ab dieser Höhe sowieso die Luft ausgeht ist kein Geheimnis für euch Blogleser. Aber was will man Jammern, früher wurden hier Sommer wie Winter Vieh und Waren Nord-Süd und zurück gesäumt, also Zähne zusammenbeissen und weiter nach oben. Umso schöner der Moment endlich auf dem Scalettapass (2605m) zu stehen!

Der Wind pfeift empfindlich kühl über den Pass. Also weiter und runter zur Alp Funtauna (2191). Der Trail entschädigt für den Aufstieg und ist flowig fahrbar – wären da nicht erneut Schneefelder. Ich bevorzuge nun die Variante ‚Umgehung‘, was nicht minder anstrengend ist. Sowieso ist deutlich sichtbar, dass der strenge Winter noch nicht lange weg ist. Kleine Bäche fliessen an allen möglichen Orten über und auf den Weg und das Holzbrüggli über den Chüealpgletscherbach ist noch nicht montiert.

Das Val Funtauna hat nichts von seiner Einsamkeit und seiner Schönheit eingebüsst. Trotz Sommerferienzeit sind nur wenig Wanderer und Mountainbiker unterwegs. Beeindruckend ist die junge Truppe mit Gravelbikes, die scheinbar mühelos auf über 2400m den Berg rauffährt. Obwohl vieles fahrbar ist, muss ich mit jedem Höhenmeter etwas mehr kämpfen, aber irgendwann schaffe ich es zur Keschhütte SAC (2627) hoch.

Eigentlich ist es noch viel zu früh. Ich suche mir einen der wenigen windstillen und sonnigen Plätze auf der Terrasse und geniesse die tolle Aussicht auf den Piz Kesch und den sterbenden Gletscher Vadret da Porchabella. Bald kann ich mich im Zimmer einrichten, das zum Glück nicht voll belegt ist. Ansonsten Hüttenfeeling wie gewohnt, nur eiskaltes Wasser und weiterhin kein Handyempfang. So geht mir und den anderen Hüttenbewohnern der Euro 2020 Final am Ar… vorbei. 🙂

Dafür bleibt Zeit um das feine Essen zu geniessen, auf dieser Höhe und nach dieser Anstrengung tut das immer doppelt gut. Ich frag mich jeweils wie den die frischen Zutaten auf die Hütte kommen, speziell der Salat, schön garniert mit Blumen aus dem Umfeld der Hütte. Nach dem Essen nochmals eine Fotosession mit der untergehenden Sonne und der Dämmerung. Einziges Problem – es ist beissend kalt und in meinem 2-Tagessetup im kleinen 18l Rucksack ist immer noch keine leichte Daunenjacke.

Fazit: Die Tour ist immer noch ein Erlebnis für sich, obwohl ich mich heute einige Male (besonders mit Blick auf die e-Biker) zu alt gefühlt habe. Beim Aufstieg zum Scalettapass habe ich echt etwas zu viel gelitten, schliesslich bin ich in den Ferien. Vor 17 Jahren auf dem Migros Hardtail ging das besser (wenn auch ab S-Chanf), aber die Erinnerungen mögen trügen.

Statistik: 26.2 km, ca. 1523 Höhenmeter, Fahrzeit 4:25 h

Reminder to myself: Hüttenschuhe sind unnötig, in SAC Hütten gibt es die am Empfang. Ohne Natelempfang lohnt es sich etwas zum Lesen mitzunehmen oder mindestens eine Powerbar dabei zu haben, um etwas auf dem Handy rumspielen zu können.

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