Schon seit einer kleinen Ewigkeit habe ich den Goldseetrail auf meiner To Do Liste und heute hat es in der Variante Bimbam gepasst. Am Vortag obligatorisch die Fahrt mit dem 0720 Uhr Postauto reserviert und ebenfalls das Frühstück vorverlegt. Früh geht es die zahlreichen Kurven des Umbrails rauf bis zum Stilfserjoch auf 2757m. Immer wieder denke ich mir: Was für ein hässlicher Ort! Wenn die Klimaerwärmung so weitergeht, wird sich das Thema Sommerskifahren von selbst erledigen und dann bleiben nur noch einige Motorrad- und Radrennfahrer und für die braucht man nicht all diese Bauten.
Ich schiebe derweil zur Dreisprachenspitze, dem ehemaligen Dreiländereck auf 2843m. Natürlich dreht sich sofort wieder alles um den 1. Weltkrieg und dessen Hinterlassenschaften. Die Infotafeln des Stelvio Nationalparks werden mich den ganzen Tag mit lesenswerter Information versorgen. Vorbei an der legendären Tafel ‚Bikeverbot ab 0900 Uhr‘ biege ich in den Goldseetrail ein.
Und da wird nicht zu viel versprochen! Wie eine silberne Linie zieht er sich durch die Bergflanken bis zum Goldsee. Zuerst durch Ruinen aus dem Krieg und dann immer flowiger trailt es sich frühmorgens dahin. Der Weg ist schmal und das Bikeverbot nicht umsonst. Der Hauptakteur ist aber das Panorama auf den Ortler und seine Gletscher. Man weiss gar nicht aus welcher Perspektive es bessere Fotos gibt und nach jeder Kurve zückt man wieder den Fotoapparat oder das Mobiltelefon. Einzig der Goldsee hält sein Versprechen nicht, aber als ‚Pfütze‘ liesse er sich ja nur schlecht vermarkten. 😉
Ab hier wähle ich die Bimbam Variante der Tour. Vom Punkt 2722, vorbei an österreichischen Stellungsbauten, biege ich auf die Abfahrt nach Trafoi (1532m) ein. Der Trail ist typisch alpin und benötigt konzentriertes Fahren. Ich muss wegen einigen Spitzkehren, steilen Schotterstücken oder höheren Absätzen immer wieder vom Bike.
Für mich an der Grenze, aber immer noch auf der ‚macht Spass‘ Seite. Bei der Unteren Tartscher Alm (1908m) ist Zeit für eine frühe Einkehr. Ich bestelle mit schlechtem Gewissen Kaffee, weil dazu der Stromgenerator angeworfen werden muss. Etwas schizophren angesichts der Hochspannungsleitung wenige Meter hinter dem Haus. Später gibt es noch einen vorzüglichen Apfelstrudel und einen Smalltalk mit einem anderen Biker, der noch in Richtung Madritschjoch will!
Steil und nicht einfacher geht es runter nach Trafoi zur Sesselbahn (1509m). 12.50€ plus 3€ für das Bike kosten die rund 600 Höhenmeter. Die Fahrt ist gemütlich langsam und erinnert mich an die alte Weissenstein Seilbahn. In der Furkelhütte (2153m) trinke ich eine Schorle, die Terrasse mit direktem Blick auf den Ortler ist einfach zu schön.
Auf Schotter geht es kurz leicht runter zur Prader Alm. Auch hier gibt es noch Stellungen aus dem Krieg zu sehen. Man schützte hier die Sperre bei Gomagoi unten im Tal. Als man sich dann oben auf dem Ortler bekämpfte, wurden die ehemaligen Verteidigungslinien obsolet. Aber nie vergessen, man fährt am heutigem Tag quasi ausschliesslich auf ehemaligen militärischen Versorgungswegen und ich will gar nicht wissen, wer die unter welchen Bedingungen bauen musste. Eine Schotterstrasse steigt nun auf 2190m an bevor sie durch einen Wanderweg abgelöst sind. Es folgt eine lange Querung hinüber zur Stilfser Alm (2077m). Insgesamt gut fahrbar, wenn auch weiterhin alpin herausfordernd.
Auf der Alp gibt es hervorragende Pasta, genau das richtige für die anschliessende Hangquerung, wo immer wieder Mal geschoben wird. Das gute Essen lockt sogar die lokale Helikoptercrew an, die ziemlich spektakulär auf der schiefen Wiese einparkt. Bezahlt und ab aufs Mountainbike! Endlich geht es in den abschliessenden Downhill in Richtung Prad am Stilfserjoch. Die Aussichten ins Vinschgau sind genial und lassen viele Höhenmeter vermuten.
Tatsächlich geht es ziemlich ruppig zur Sache, für mich mehrheitlich fahrbar mit vielen kleinen Absteigepassagen. Im unteren Teil folge ich der Montoni Tour, die wirklich spassig ist, typische Vinschgauer Singletrails.
Zum Schluss geht es durch den Paludi Wald, der durchzogen ist von Bewässerungsgräben. Vorne an der Etsch wartet der bekannte Etschtalradweg, der mich, glücklicherweise mit Rückenwind, nach Glurns führt. Genau rechtzeitig für ein Finisherbier und die Postautofahrt zurück nach Sta. Maria.
Fazit: Traumtrails und Traumpanorama, besonders über der Waldgrenze. Ansonsten endlose, je nach Fahrtechnik anspruchsvolle Abfahrten auf alpinen Trails.
PS: Das Bike schien etwas mit den Abwärtshöhenmetern überfordert. Zuerst musste ich die Sattelschrauben anziehen und anschliessend die Bremsbeläge am Vorderrad wechseln. Die aktuellen roten (Maxpad / Koolstop?) Beläge sind ein Flop – sie erhitzen erstens die Bremsscheibe über Gebühr und quietschen für den Rest der Fahrt fürchterlich. Hab am nächsten Tag wieder auf billige Shimano Beläge gewechselt – Ruhe herrscht.
Statistik 36 km, ca. 533 Höhenmeter, Fahrzeit 3:54 h, 3007 Hm abwärts