Vorbemerkung: Tolle Tour – spektakuläre Wege – Es war schwierig die besten Bilder zu selektieren. Deshalb hier eine Warnung: Hohe Bilddichte in diesem Beitrag. 😉
Neuer Tag, neues Glück. Ich spüre alle Knochen. Irgendwo habe ich auf einer Transalp Seite gelesen, dass die Kondition im Verlauf der Tour von alleine kommt. Das stimmt für mich schon. Den Rucksack spüre ich nur noch während langen Downhills in den Schultern und Sitzbeschwerden habe ich nur morgens in den ersten 10 Minuten. Zudem gehen am Morgen die Höhenmeter trotz erneut extrem feuchtem Wetter wie von alleine. So auch heute mit den ersten 400 Hm rauf von Gärlich (1652m) zur Moosalp (2048m). Trotz schmaler Strasse fährt hier das Postauto rauf – direkt von Visp! Heute morgen merkt man davon nichts, im originellen Restaurant Moosalp sind nur zwei Personen.
Ich warte drinnen bei Kaffee und Gipfeli bis der Nieselregen vorbei ist. Der Meteo Schweiz Regenradar war in den letzten Tagen mein bester Freund. Trotz Landregen-Prognose wurde ich kein einziges Mal richtig verregnet. Irgendwann musste ich trotzdem in die Kälte und die Bremsbeläge am Vorderrad wechseln. Ich wechsle das erste Mal die neuen XT Beläge – Learning by doing. Um die Kolben zurück zu drücken suche ich im ganzen Rucksack nach meinem Sackmesser – erfolglos (Am Mittag fand ich es in der Riementasche des Rucksacks). 🙁 Ein Stück Holz erledigte den Job dann auch. Nochmals die Bremsscheibe angezogen und los geht es auf dem Höhenweg der alten Augstbordsuone bis Pletsche.
Wie bei Höhenwegen üblich, hätte man eine tolle Aussicht ins Mattertal, die lässt sich heute leider nur zwischen den Nebelschwaden hindurch erahnen. Von meinen Skiferien in Grächen weiss ich zum Glück wie es aussehen würde. So suche ich etwas nähere Motive, beispielsweise die kräftigen und stolzen schwarzen Walliser Kühe. Da gibt es noch richtig spitzige Hörner auf dem Kopf, nicht wie bei unseren Flachlandkühen.
Nach einem kurzen Wiesenstück geht es schliesslich runter (ganze 1270 Höhenmeter) – auf einem tollen Trail, der mit viel Gefälle in Richtung Embd führt. Wenn die Walliser etwas können bzw konnten, dann spektakuläre Alpsaumwege zu bauen. Schon bald schlängelt sich der Weg – alles fahrbar – durch das Tobel des Tschongbachs. Irgendetwas klappert am Mountainbike und ein Blick nach unten zeigt ein loses Bremskabel. Da hat wohl wieder jemand etwas Kabelbinder gespart… Ich habs ja schon erwähnt: ‚Wenn man an einem neuen Bike nicht alle Kabelbinder selber anzieht…‘ Zum Glück habe ich eine halbe Werkstatt dabei. 😉
Nach der genialen Abfahrt quert man das Dorf Embd (1358m). Das Dorf ist übrigens sehr beeindruckend – keine Ahnung wie man eine Siedlung nur in einen so steilen Hang bauen kann. Nicht minder beeindruckend ist der alte Weg, der vom Talgrund ins Dorf führt – und genau diesen Trail fahre ich nun runter – mit Tiefenblicken runter zu den Geleisen der Zermattbahn.
In vielen Serpentinen geht es bergab – einige Schiebepassagen wegen den nassen Steinen inklusive. Etwa hundert Meter über dem Talgrund zweige ich auf den ehemaligen Talweg nach Stalden ab. Der Weg fasziniert mit alter Handwerkskunst in Form von Trockenmauern. Ich bin immer wieder begeistert wie früher mit einfachsten Mitteln und riesiger Arbeitskraft die Täler und Berge erschlossen wurden. Leider scheint das heute niemand mehr zu können und viele Wege zerfallen oder werden mit Beton hässlich geflickt.
In Stalden (799m) gibt es am Bahnhof erst ein kleine Pause bis zur nächsten Fahrt der Seilbahn Stalden – Staldenried – Gspon (PS: Seit 2019 brandneu und mit viel mehr Platz). Die Seilbahn ’schenkt‘ mir 1100 Hm, die ich dankbar annehme. Der Preis von 12 CHF nur für das Velo scheint mir etwas hoch, aber schliesslich füllt das Bike die Gondel fast vollständig aus. Zum Glück komme ich in Gspon (1893m) knapp über die Wolken, welche bereits den ganzen Tag durch die Täler wabern.
Etwas befremdend ist der planierte Fussballplatz hier oben – Höhentraining? Es ist übrigens der höchste Fussballplatz Europas. Ein teilweise ruppiger Höhenweg führt nun in Richtung Gibidumpass. Immer wieder muss ich bei einigen kurzen Rampen das Bike schieben. Spass macht es trotzdem und bisweilen lichten sich die Wolken und geben den Blick ins Mattertal frei.
Etwas unterhalb des Gibidum grüsst noch ein frisch gepflegter Trail, den ich leider aufwärts zurücklegen muss. Oben am Gibidumpass (2201m) angekommen, verzichte ich auf einen Rast, ziehen doch sehr kühle und feuchte Wolken über die Bergkuppe.
Natürlich muss ich erst noch hinüber zum Gibidumsee, aber auch hier gibt es ausser Nebel nicht viel zu sehen. So verweise ich gerne auf diesen Blogbeitrag von Rotscher, der den See in seiner vollen Pracht zeigt.
Für mich ist klar, dass ich heute die Diretissima runter ins Nanztal nehme. Bei schönem Wetter wäre die Heidosuone, die den Gibidumsee speist, eine Alternative gewesen. Es macht aber sowieso mehr Sinn, die Suone in umgekehrter Richtung zu fahren. Ich nehme mal folgende Tour auf die ToDo Liste: Brig – Postauto – Simplon, danach rauf zur Nanzlicke, in grossem Bogen via Fulmoos zur Heidosuone und durchs Nanztal zurück nach Brig. (PS: Its done!)
Vom Gibidumpass bis nach Brig-Gils werde ich nun ganze 1430 Höhenmeter am Stück abfahren – Mountainbikeglück! Tatsächlich ist die Abfahrt der Hammer. Zu Beginn auf Schotter bis zur wilden Gamsa und danach immer dem Bach entlang bis Mittlihüs. Ab hier behält der Weg die Höhe während die Gamsa sich eine tiefe Schlucht gräbt.
Ich brauche in den nassen Waldabschnitten die volle Konzentration damit das Vorderrad nicht auf einem glitschigen Stein abrutscht. Aber alles geht gut und bald folgt eine spektakuläre Felsenpassage in den sogenannten Stockgräben, wo man zweimal einen Wasserfall hinterqueren muss – kann – darf. Dank dieser Betonverbauungen ist der Weg überhaupt noch begeh- und fahrbar. Einige Fundamente zeugen von früheren Brückenkonstruktionen um die Wildbachtobel zu umgehen.
Gegen Talende, bei Schratt, öffnet sich der Blick aufs Rhonetal. In die andere Richtung blickt man auf eine Felswand mit einem schmalen Band. Der in die Felsen gehauene Weg verspricht einiges an Abenteuer und Nervenkitzel. Es handelt sich um die Suone Rohrbergeri vom Nanztal nach Steinegga – Rohrberg. Das wäre etwas für zu Fuss. Auf dem Bike geht es nun weiter und scheinbar endlos fährt man rasante Schotterstrassen ab bis nach Brig.
Bei der Saltinabrücke aka Napoleonsbrigga (770m) heisst es erst das Adrenalin runter zu fahren und die Arme zu lockern. Teilweise auf dem alten Stockalperweg fahre ich in der ungewohnt heissen Sonne rauf in Richtung Simplonstrasse. Es sind die letzten Höhenmeter für heute bis zur Talstation der Rosswald Bahnen. Mit der Bergfahrt ist die Tagesetappe zu Ende und der Bahnangestellte gibt mir noch den entscheidenden Tipp für eine Übernachtungsgelegenheit.
Ich übernachte im Restaurant – Pizzeria Parkplatz in Rosswald. Das Zimmer kostet gerade mal 40 CHF inkl Frühstück. Das Zimmer ist relativ neu, Etagendusche, Balkon mit Aussicht. Natürlich kein Bikehotel und so wird das Mountainbike an der Veranda angebunden. Wieder mal ein gutes Preis-Leistung Verhältnis, besonders wenn man sich das Frühstück anschaut.
Fazit der heutigen Etappe: Die Abfahrt durch das Nanztal ist episch und genial. Da kann ich gut auf den Bistinepass und die Abfahrt vom Simplon verzichten.
Statistik: 51.3 km, ca. 1252 Höhenmeter, 2985 Hm Abfahrt, Fahrzeit 4:32 h
Pingback: Die Nanzlicke – Gibidum Tour ! | Spoony's Bike Blog
Wirklich sehr schöne Bilder hast du von deiner Tour gemacht. Macht richtig Spass den Artikel zu lesen. Werde mal noch ein bisschen in deinem Blog stöbern 😉
gruß
Ciao Spoony,
einen super Tag/Trail hast Du da gemacht. 😉 Nur dieses fiese Wetter!!
Vorschlag für Deine ToDo-Liste: Stalden-Gspon-(oder mit Bus nach Visperterminen-und via Giw fahren)-Gebidum-Heidawasser-Fulmoos-(60′ Schieben/Tragen)-2483-Bistinenpass-Simplon.
Nicht empfehlenswert: Hopschulsee (Hoppschla sind auf Walliserdt.=Frösche)-Nanzlücke = nicht oder schwierig zu fahren. Verblockt. So oder so, Du kommst einfach nicht ums Schieben herum. Der Bistinenpass ist von der Simplonseite her auch schwierig zu fahren, loses Gestein. Ich wünsche Dir alles Gute.
Wiederum eine sehr schöne Etappe, schade spielte Dir das Wetter so übel mit. Deine neu gelistete Tour kannst Du übrigens in meinem Blog genauso nachverfolgen.
In diesem Sommer muss man sich mit „weniger“ Sonnenschein begnügen. Ich geniesse aber trotzdem jede Minute im Sattel und dieser Post hat mich zusätzlich inspiriert 😉