Jürg Buschor hat mich so richtig neugierig gemacht und er sollte recht behalten. Wer im Val d’Entremont den etwas unscheinbaren Plan Monnay mit seinen 2111m nicht auf dem Mountainbike-Radar hat, dem entgehen einige perfekte Suonen – Flowtrails abseits der üblichen Touren. So kriegt mein Grosser St. Bernhard Downhill ein Zusatzloop. Der Einstieg ist in Dranse (1255m) unterhalb von Liddes. Über Wiesenwege geht es hinauf zum weitherum sichtbaren Roc de Cornet.
Weil ich gut drauf bin, sind heute Zusatzschlaufen machbar und so rocke ich zuerst einen alten Suonenweg nach Petit Vichères und verlängere bis Vichères selber. Dort folge ich der Strasse rauf bis zum Pt 1573 und weiter auf einem Forstweg via Les Torrents zur Torrent de l’A (Pt 1673). In einer weiteren Schlaufe fahre ich via Le Tommelley (Pt 1718) bis auf das Strässchen, welches in die Combe de l’Â führt.
Nach dem Pt. 1758 zweigt schliesslich der Wanderweg auf die Bisse de la Tour ab. Bevor ich den steilen Hang runtersteige muss ich erst die geleisteten Höhenmeter bei einem Snack verdauen. Die Hitze und speziell der Abschnitt auf der Teerstrasse gingen etwas an die Nieren. Beim Kartenstudium recherchierte ich noch die Möglichkeit die Combe de l’Â zu befahren. Das Tal ist aber eines der ältesten Schweizer Wildschutzgebiete und de facto Bikeverbotsgebiet. Zu Fuss, zB von La Fouly aus, muss ich dieses interessante Tal noch besuchen.
Wie alle Suonentrails ist die Bisse de la Tour einfach nur genial und Flow pur! Sie zieht sich richtig schön in die Länge und als sie zu Ende scheint und kein Wanderweg mehr markiert ist, heisst es einfach weiter der Rinne folgen und man kann bis Le Chapelet hinein fahren. Auf dem ganzen Weg kommt mir dabei kein Wanderer entgegen – richtig einsam hier.
Immer wieder gibt es durch den Wald hindurch geniale Ausblicke runter ins Val d’Entremont und auf die gegenüberliegenden Talseite zum Combin Massiv. Es fällt erneut schwer die Fotoauswahl zu reduzieren und deshalb gibt es in diesem Beitrag das eine oder andere Zusatzfoto. Aber jeder Trail hat ein Ende und dann heisst es: Aufwärts! Wie immer ist es sinnvoll die längere, aber weniger steile Variante zu fahren. In meinem Fall von Le Chapelet (1642m) zum Pt. 1706 und danach stetig nach oben bis Bavon auf 2025m.
Ich kämpfe nach all den Singletrailkilometer mit den Höhenmetern und muss mir den Aufstieg im Kopf einteilen. In der Waldpartie lenken die Bauarbeiter, welche die Zufahrtsstrasse instand stellen, ab. Oberhalb der Waldgrenze lenkt das Panorama vom Krampf ab. Bei der Alp Bavon ist das Gröbste geschafft und ein Wiesentrail quert hinüber zur Plan de la Vuardette. Dort gibt es Probleme der anderen Art. Mein Weg führt direkt durch eine Herde mit Erdinger Kühen. Ich trau mich nicht mittendurch und schleppe das Mountainbike querfeldein über eine Hügelkuppe und zwei Zäune.
Die restliche Steigung auf den Plan Monnay ist keine grosse Herausforderung mehr. Einzig die Schafe schauen den Biker blöd zwischen den Bäumen durch an. Die ganze Alp inklusive der Plan Monnay ist fest in Schafshand – Konsequenz: Ich habe noch nie in meinem Leben in freier Natur eine solche Dichte von Schafsscheisse gesehen. Interessant sind ebenfalls die Bäume, welche auf ‚Schafshöhe‘ abgefressen sind und deshalb alle eine sehr spezielle Form haben. Aber es gibt noch mehr zu sehen – beispielsweise ein Traumpanorama mit sehr tiefen Blicken aufs Val Ferret. Top!
Nun muss man sich für die Abfahrt zwischen besseren und noch besseren Singletrails entscheiden. ich bevorzuge die lange Variante und fahre via die Punkte 1823, 1737 und 1575 runter nach Vichères. Das ist einfach eine Abfahrt, die jedes Mountainbike Herz höher schlagen lässt. Im oberen Teil tolle, kurvige Wiesentrails, danach flowige, manchmal knifflige Waldbodentrails und schliesslich ein rasanter Waldweg als Endspurt. Da lohnt sich jeder Höhenmeter des Aufstieges.
Aber Vichères ist nur der Boxenstopp. Es geht nahtlos in den ‚Himbeerentrail‘ runter nach Forney. Der Trail hätte sowohl den Untergrund wie die Neigung um Vollgas zu geben. Zu beiden Seiten ragen jedoch meterhohe Büsche mit Himbeeren in der Trail hinein, welche zu einem Stopp einladen. Ich spreche da nicht von einigen Büschen, fast der ganze Trail ist gesäumt von roten, reifen, süssen, fruchtigen Himbeeren – ein Leckerbissen in jeder Beziehung!
Es ist immer noch nicht ausgetrailt. Auf der Karte fällt mir ein alter Suonenweg zurück zum Pont de la Tsi ins Auge. So flowig wie er auf der Karte scheint ist der Trail in der Realität leider nicht. Das Höhenprofil ist eher Jo-Jo-mässig und am Ende bin ich wirklich unsicher in welcher Richtung man diesen Wanderweg besser befahren sollte. Zum Schluss überquere ich nochmals die Torrent de l’Â und die Dranse d’Entremont, um wieder auf der anderen Talseite in Richtung Orsière zu fahren.
Einziges Hindernis vor dem Ausrollen, nebst einem letzten Aufstieg nach Forney, ist der steile Wanderweg im Zickzack runter zum Fluss. Mit müden Beinen erklimme ich die letzten Höhenmeter und lasse es dann via Placuay ausrollen. Fazit: der Plan Monnay ist ein tolles Singletrailgebiet mit unberührten Suonen- und Wiesentrails. Ich muss da unbedingt nochmals zurück und einige Variante im Forêt de Montatuay fahren!
Statistik: 54.3 km, ca. 1416 Höhenmeter, Fahrzeit 5:46 h, 3011 Höhenmeter abwärts (Gesamttour inkl Grosser St. Bernhard Downhill)