Zweiter Teil meines Stadtstrassenprojektes. Wieder geht es ins Villenquartier (mindestens nach dem Kriterium der Pooldichte) im Norden der Stadt. Die leicht ansteigende Landschaft war der ideale Standort für die reichen Solothurner Herrschaften, um repräsentative Häuser, teils kleine Schlösser, als ‚Sommersitze‘ in die Landschaft zu bauen. Schön zu sehen, wie die Zwischenflächen in den letzten dreihundert Jahren durch ‚Neureiche‘ mit modernen Villen zugebaut wurden. Beispiel ist die Villa Hohenlinden, heute eine Schule, deren ‚Vorgarten‘ mit Neubauten mit Alpensicht ergänzt wurde.
Heute muss ich besonders viele Zufahrtstrassen zu Villen anfahren, nur um dann quasi im Hauseingang wieder zu wenden. Zum Glück leben wir in der Schweiz und nicht in den USA, in jedem Fall schiesst niemand auf mich und ich sehe auch keine bissigen Hunde. Vorbei am Felsenhof fahre ich bis zum Glutzenhübeli, wo auf einer Anhöhe seit dem 16. Jahrhundert der Landsitz einer Solothurner Patrizierfamilie thront.
Zurück in die Arbeiterschaft geht es im Quartier Hofmatt, wo alte Häuser an Strassen mit Tiernamen stehen. Da gibt es Hirsch, Gems, Reh, Hase, Dachs und Fuchs. Wohl später hat jemand einen ‚Ausländer‘, einen Elchweg, hinzugefügt. Auf dem Weg nach Westen nehme ich die fehlenden südlichen Zufahrtswege zum Hof Rosegg mitsamt Allee und den mächtigen Bau der psychiatrischen Anstalt Rosegg mit.
Der Mix aus altem Bau und neuer Architektur scheint mir sehr gelungen. Trotzdem gibt mir die schiere Grösse des psychiatrischen Komplexes zu denken. So gross ist Solothurn ja nicht und da scheint doch eine beträchtliche Anzahl von ‚Insassen‘ bzw Kranken zu sitzen. Die Tatsache, dass der obige Bau zudem vorwiegend für jugendliche Kranke ist, macht es nur noch schlimmer. Das sind eben die Dinge, welche man im täglichen Leben gerne mal ausblendet. Gut, werde ich auf meiner Stadtstrassentour gezwungen darüber zu reflektieren!
Der Bahndamm der Solothurn – Moutier Bahn trennt das Industriequartier von Solothurn von den Wohnquartieren, wohl derselben Fabriken. Interessant, wie die alten Wohnblöcke im Laufe der Jahrzehnte individueller werden. Ich entdecke das Café de l’Industrie, welches ich nach dem Corona Lockdown unbedingt mal besuchen möchte. In jedem Fall mutet die Webseite gleich spannend an, wie die Aussenansicht des Lokals.
Weiter fährt es zur Rossallmend, wo eine grosse unbebaute Fläche die Weststadt vom restlichen Solothurn trennt. Im Plan der Stadtentwicklung dürfte hier künftig alles überbaut oder ‚verdichtet‘ werden. Im Gelände sind die ersten Vorarbeiten bereits ersichtlich. Weichen oder umgenutzt werden dürften zwei alte Gutshäuser, die schon lange hier stehen. In der Zwischenzeit lädt die Whitestone Bikecrew die Mountainbiker im Park zum ‚Dirtjumpen‘ ein, zur Zeit ebenfalls wegen Corona geschlossen. Spannend und etwas kurios das sogenannte ‚Lusthäuschen‚ hinter dem Bikepark.
So sind wir definitiv in der Weststadt angekommen, welche durch die markanten Sonnenpark – Riedmatt Hochhäuser ins Auge fällt. Beim Umfahren der Hochhäuser werde ich übrigens das einzige Mal auf den Stadtstrassen von Jugendlichen ‚dumm angemacht‘. Ich ignoriere es und fahre weiter, leider nicht ohne die Vorurteile zu dieser, je nach Standpunkt, städtebaulichen Sünde gleich mitzunehmen. Auf der Rückfahrt erfahre ich noch die Wengibrücke und die kleinen Wege der Gartenanlage am Baseltor, mitsamt der von Besuchern verlassenen Volieren.
Statistik: 36.2 km, ca. 320 Höhenmeter, Fahrzeit 2:20 h