Jura Bike Etappe 3: (Moutier) Délémont – St-Ursanne !

Mein Mehrtagesbikeabenteuer im Jura beginnt heute Dienstag wetterbedingt mit Verspätung. Nur lauwarm motiviert, schliesslich habe ich wohl die mieseste Woche des Frühlings 2020 erwischt, steige ich in Solothurn in den Zug und fahre durch den Weissenstein nach Moutier (529m). Trotz COVID-19 Lockerungen ist der Zug leer wie immer und Masken sind unnötig. In umgekehrter Richtung der Haute-Sorne Tour fahre ich durch die eindrückliche Klus der ‚Gorges de Moutier‘ nach Norden. Die Fahrt entlang der Birs nach Délémont (414m) ist trotz Gepäck leicht, geht es glücklicherweise nur abwärts. Gewöhnungsbedürftig ist das kühle Einfahren bei 7°C und der Puderzucker in Form von Schnee auf den grünen Höhen – Zeuge des gestrigen kleinen Wintereinbruchs.

Délémont ist der Startpunkt der Etappe 3 der nationalen Jura Bike Route und gegenüber dem Bahnhof zeigen Mountainbikeschilder in alle Himmelsrichtungen. Gefühlt bin ich das erste Mal in Delsberg und nehme mir deshalb kurz Zeit die Altstadt anzuschauen. Irgendwie ist alles trostlos, sei es wegen dem Wetter, wegen den Corona-Nachwehen oder vielleicht ist es ja immer so. 😉

Der erste Anstieg nördlich der Stadt zum Pistolenschiessstand erinnert meine Beine an den Grundcharakter des Juras: Steile bis sausteile Anstiege! Die Strasse zieht in gerader Linie den Hügel rauf bis zu einem kleinen Observatorium. Kaum aus den Häusern taucht man in die typische Juralandschaft ein. Speziell sind einzig die vielen Jogger, welche diesen frischen Morgen für sportliche Aktivitäten nach dem Lock-Down nutzen.

In einem grossen Bogen geht es erst flach, anschliessend wieder steil durch eine verlassen Klus, entlang des Baches ‚Le Golat‘, stetig hinauf zur Krete Cheynatte auf 799m Höhe. Kurz vorher bietet eine Lichtung mit einer Deltaseglerabsprungschanze tolle Blicke runter auf Délémont.

Zurück auf einem kleinen Strässchen fahre ich weiter den Berg hoch, leicht schaudernd vor der Tatsache, dass die schneebedeckten Bäume immer näher kommen. Bald fällt mir schmelzender Nassschnee vor das Rad. Zum Glück endet der Aufstieg bei der Haute-Borne (892m). Ich steige ab und suche vergebens in der Wiese nach dem angekündigten historischen Grenzstein. Dieser steht heute nur noch als Replik gleich neben dem Wegweiser. Dafür finde ich im Feld schöne Blumen und noch schönere Baumpilze.

Ab hier zieht die Route einige Kilometer entlang des Rückens des Jurazuges – Juralandschaft pur: Einsame grosse Einzelhöfe und schöne Weitsicht. In der Ferne dient die Antenne auf ‚Les Ordons‘ als optischer Wegweiser. Zum Glück biegt die Route vorgängig links zum Col des Rangier (856m) ab. Der Ort ist vielen bekannt wegen der leidigen Geschichte rund um den alten Fritz, ein Denkmal als Symbol im langen Streit zwischen den Kantonen Bern und Jura.

Die militärische Vergangenheit des Juras ist trotzdem noch gegenwärtig, sei dies in Form militärischer Bauten, oder in Form von Militärstrassen, welchen die Jura Bike folgt. Keinesfalls die paar Meter hinauf zum Platz des Infanterieregimentes 9 verpassen, der sich beim Aussichtspunkt ‚Le Chételat‘ (832m) befindet. Ich setze mich mit einem Riegel auf die leere Bank und studiere die Landschaft in Richtung Norden, keine Jurakette versperrt mehr den Blick nach Frankreich und über den Pruntruter Zipfel bzw die Ajoie.

Unter den Pneus, tief im Berg, durchquert die Autobahn die Jurahöhen im Tunnel du Mont Terri. Ich kämpfe mich derweil auf einem schmalen Pfad zurück auf die Südseite des Hügels, mit dem sinnigen Namen ‚La Malcôte‘. Diese kurze Schiebepassage ist übrigens eine der ganz wenigen auf der Jura Bike. Meist ist man auf Feldwegen unterwegs oder ab und an auf gut fahrbaren Singletrails. Oberhalb von Outremont hat jemand einige Sonnenuhren in die Wiesen gestellt. Leider wird heute keine Zeit angezeigt. 🙁 Tief unter mir erhascht man zeitweise einen Blick auf das Tagesziel, den Doubs und Saint-Ursanne.

Die Route hält Höhe und quert zum Col de la Croix (789m). Nebst einem biologisch betriebenen Bauernhof einer Stiftung aus Basel mit gehörnten Kühen, steht am Pass das wohl namensgebende, ziemlich alte Steinkreuz. Es folgt die Abfahrt zum Dorf Seleute (641m), Postleitzahl 2888, wo ich in der Auberge de la Fontaine etwas zu Mittag esse. Wie überall diese Woche hat man erst seit Montag wieder geöffnet und kämpft mehr schlecht als recht mit den COVID-19 Vorschriften und den Hygienemassnahmen. So gibt es nur ein Menü, die hausgemachte Terrine zur Vorspeise war top, gefolgt von einem feinen Braten. Preis: Fast schon lächerliche 16 CHF.

Frisch gestärkt und etwas aufgewärmt packe ich das Rad und fahre durch steile Kalkfelsformationen runter an den Doubs. Der Fluss, der zweifelt in welche Richtung er fliessen will, macht hier einen grossen Bogen in die Schweiz, dem Clos du Doubs. Die ganze Region ist ein wunderbares Naturreservat, viele Schilder beschreiben die besondere Topografie und Natur der Region. Es ist erst früher Nachmittag und ich fahre abseits der offiziellen Route eine Zusatzschlaufe zur Landesgrenze.

Dazu geht es erst hinauf in Richtung ‚Les grosses Pesses‘. Die Abfahrt nach La Motte über Kuhwiesen ist auf der Karte problemlos, im Gelände muss ich tatsächlich zwei Anläufe nehmen um den richtigen Pfad zu erwischen. In der Ferne sieht man mit Brémontcourt die erste Ortschaft in Frankreich mitsamt der Brücke über den Doubs.

Am Grenzübergang wird klar wieso die Strasse autofrei ist. Die Grenze ist wegen Corona dicht und die Schweizer haben diese zur Sicherheit physisch abgesperrt. Dies ist interessant, weil sich scheinbar die Franzosen nicht sehr um die Grenze kümmern, die Schweizer umso mehr. Da gibt es selbst im Nirgendwo an der grünen Grenze noch Absperrband. Ein Denkmal erinnert an die Internierung französischer und polnischer Soldaten im Zuge des deutschen Angriffs auf Frankreich im Juni 1940.

Zurück in Richtung Schweiz grüsst erst das Kirchlein und anschliessend der Ort mit dem Namen Ocourt. Die Route folgt dem südlichen Ufer des Doubs, welcher sich durch die Landschaft schlängelt, umsäumt von grünen Jurahöhen. Trotz seiner Abgelegenheit wird der Fluss seit Jahrhunderten als Kraftquelle genutzt, alte Schwellen und Flurnamen wie ‚Moulin du Doubs‘ beweisen dies. Schliesslich komme ich im schönen Städtchen Saint-Ursanne an und werde von der mittelalterlichen Stadtfassade und der bekannten Brücke empfangen.

Vor den Stadttoren beziehe ich im B&B Logis des Saules meine Unterkunft. Das Gästehaus hat hübsche neue Zimmer, ich werde äusserst freundlich empfangen, der grosse Garten steht zur Verfügung und es gibt gar einen direkten ‚Geheimgang‘ durch die Stadtmauer in die Stadt. Das Frühstück war trotz Corona-Massnahmen toll. Empfehlenswert, obwohl im Rückblick der Preis etwas an der oberen Grenze war.

Nachtessen gibt es im Restaurant du Boeuf, einer ehemaligen Metzgerei und natürlich esse ich Fisch. 😉 Zum Leidwesen der Anwohner ist St-Ursanne seit fünf Jahren in der Generalsanierung. Das Endresultat wird sehr schön werden und hoffentlich Touristen anziehen. Das Gespräch mit der Hotelbesitzerin zum Thema COVID-19, Hygienemassnahmen und Existenzängsten (Stichwort Gruppentourismus) macht nachdenklich. Da lasse ich als einer der ersten Nach-Corona-Touristen mein Geld mit gutem Gewissen in der Schweiz.

Fazit: Schöne, landschaftlich abwechslungsreiche und interessante Etappe. 

Statistik: 63 km, ca. 1099 Höhenmeter, Fahrzeit 4:36 h

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