Der Grosse Sankt Bernhard Downhill !

EPILOG
Das Val d’Entremont ist mit dem Passübergang des Grossen Sankt Bernhard das pure Gegenteil des Val Ferret, einer verkehrstechnischen Sackgasse. Mich interessiert, ob eine MTB-Abfahrt vom Grossen St. Bernhard runter nach Orsiére Sinn macht und erkunde die Lage mit dem Auto. Ich habe noch nie längere Zeit auf der Passhöhe verbracht und kenne den Tunnel besser. Umso überraschter bin ich vom Ausmass des 1050 gegründeten Hospizs auf der Passhöhe und irgendwie habe ich ebenfalls den grossen See unterhalb des Passes nicht realisiert.

Im Souvenirshop des Hospiz (Geschichte) gibt es viel zu entdecken und allgegenwärtig sind die Geschichten um die Chorherren mit ihren Bernhardinerhunden, welche früher manch einem Passgänger das Leben gerettet haben sollen. Ich wandere auf die angrenzenden Höhen und freue mich dem ‚Action‘ auf dem Pass zuzuschauen.

Überall spürt und sieht man die jahrtausendalte Geschichte dieses wichtigen Alpenübergangs. Es Begann mit den Römern und endete mit den strategischen Überlegungen von Napoleon und der Schweizer Armee im kalten Krieg. Die Spuren sind im Gelände zum Glück noch gut in Form der alten Saumwege erhalten, welche nun die Basis für eine tolle Mountainbikeabfahrt von fast 1560 Höhenmeter bildet. Ich freue mich auf Morgen.

TOURBESCHRIEB
Das Auto parkiert am Bahnhof Orsière nur wenige Meter entfernt von der Abfahrtsstelle des lokalen Buses auf den Grossen St. Bernhard. Die Fahrt kostet mit dem Halbpreis nur 8.30 CHF und der Biketransport ist kostenlos! Es ist zu beachten, dass es nur wenige Bikeplätze gibt und nur ein Bus am Morgen auf den Pass fährt, jener von 0900 Uhr. Heute bin ich zum Glück der einzige Mountainbiker.

Auf der Passhöhe gefällt mir das ‚Trail Tolerance‘ Schild am Hauptwegweiser ins Tal. Auf dem ersten Streckenabschnitt fährt man Saum-, Karr- und Fahrwegen aus verschiedensten Epochen. Wer sich wirklich dafür interessiert, dem sei das Studium der Beschriebe des nationalen Inventars historischer Verkehrswege an Herz gelegt – super interessant!

Biketechnisch haben die historischen Wege nicht nur Vorteile – es braucht etwas Geschick um eine gute Linie zwischen den groben Felsplatten und dem schottrigen Zwischenmaterial zu finden. Zudem startet man mit dem Busshuttle quasi ‚kalt‘ im alpinen Gelände. De facto ist aber alles fahrbar und macht Riesenlaune!

Während man bei anderen Alpenpässen immer wieder auf die eigentliche Passstrasse gezwungen wird, fährt man hier ausschliesslich auf alten Strässchen und Wanderwegen runter ins Tal. Oberhalb des Nordportals des Strassentunnels wechselt man in einem weiten Bogen zur Alp La Pierre. Die Verbauungen des Tunnelportals sind nichts schönes – aber wer mal schnell nach Aosta die italienischen Trails befahren will, ist froh über den Tunnel.

Verschwunden sind die alten Fahrwege in den Tiefen des Stausees des Toules. Zum Glück gibt es eine Alternative zur Galerie der Passstrasse. Ein wunderbarer Singletrail führt hoch über dem linken Seeufer durchs Tal und endet direkt an der imposanten Staumauer. Nebst den wechselnden Farben des Sees gefallen besonders die hohen violetten Blumen links und rechts des Weges.

Ich bleibe weiter auf der linken Talseite. Bei Brettemor hat der dortige Hausbesitzer ein wunderbares Znünibänkli an den Trail gebaut, dass gerne genutzt wird. Weiter geht es auf Wald- und Schotterstrassen bis auf die Höhe Bourg-St-Pierre. Leider ist die Fahrt beim Pont de Tsarevesse abrupt zu Ende. Ein riesiger Bergsturz blockiert den Waldweg. Sehr eindrücklich so etwas aus der Nähe zu sehen. Das ist kein Bergsturz, der mal kurz ‚umgangen‘ werden kann und ich befürchte, dass der Zugang zur Alp La Niord aus dieser Richtung für länger Zeit nicht mehr möglich sein wird.

Als Konsequenz muss ich die Talseite wechseln und einige Höhenmeter nach Bourg-St-Pierre rauffahren. Dafür folge ich nun wieder der alten Passstrasse bis nach Liddes, wo es im Restaurant Grand Saint-Bernard eine Erfrischung und ein Dessert gibt.

Fazit bis hierher: Eine tolle Abfahrt und sehr empfehlenswert, wer sich etwas für die Kulturlandschaft und historische Verkehrswege interessiert. Der Trailanteil ist hoch und mir haben die fahrtechnischen Herausforderungen sehr gefallen!

Statistik: Leider hatte mein GPS ein Aussetzer und so habe ich nur die Statistik für den ganzen Tag inklusive der Tour auf den Plan Monnay. Aus der Karte gelesen sind es vom Grossen Sankt Bernhard Pass (2469m) bis zum Bahnhof Orsière (901m) rund 28.8 km, 270 Höhenmeter und rund 1560 Höhenmeter abwärts.

4 Kommentare zu “Der Grosse Sankt Bernhard Downhill !

  1. Alex
    Antworten

    Hallo Spoony,
    vielen Dank für den schönen Bericht !!
    Über diesen Weg findet man im Netz sonst recht wenig .

    Weisst Du , ob der Bersturz mittlerweile eiine Umgehung hat ?

    Viele Grüße und mach bitte weiter mit den Berichten !!

    Gruß Alex

    1. Spoony Beitragsautor
      Antworten

      Danke Alex für den Kommentar und das Lob. Komme leider zur Zeit etwas weniger zum Bloggen. Über den Felssturz weiss ich leider nichts neues. Würde mich aber um ein Update freuen, solltest du vor Ort sein. Grüsse Spoony

  2. Ventoux
    Antworten

    Oh ja, eine superschöne Abfahrt abseits der Passstrasse, welche ich auch schon ein paarmal gemacht habe. Ich bin jeweils in Bourg-St-Pierre ausgestiegen, um dann Richtung Col de Mille zu gehen. Die Abfahrt auf der anderen Seite nach Etroubles ist übrigens ebenso schön.

    1. Spoony Beitragsautor
      Antworten

      Danke für den Kommentar. Ich hab soeben 30′ lang all deine Bericht zum Col de Mille durchgelesen. Das ist super interessant! Das gibt zusammen mit der italienischen Seite im Val d’Entremont noch Stoff für mindestens eine weitere Bikewoche vor Ort!

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