Die Acht – Pässe Tour !

Die 8 Pässe habe ich nicht mit dem Velo gemacht, sondern mit dem Auto. An diesem Regentag eine richtige Entscheidung, war es doch südlich des Alpenkammes bzw. des Engadins mehrheitlich sonnig. Obwohl Autofahren nicht meine Lieblingsbeschäftigung ist, hat es heute so richtig Spass gemacht. Alleine im Auto, bis auf Motorradfahrer praktisch ohne Verkehr, schwungvoll (sofern man dies mit meinem Auto sagen kann) über die Pässe zu fahren, kann man nicht jeden Tag. Keine ängstliche Partnerin auf dem Nebensitz, keine kotzenden Kinder auf der Rückbank! Ist etwas übertrieben, aber richtig Passfahren kann man nur alleine.

Nun die Route im Einzelnen:

Julierpass – Pass dal Güglia (2284m)

Der Julierpass führt von Tiefencastel durch die Surselva nach Silvaplana. Er ist der westlichste von drei Pässen (Julier, Albula, Flüela), die das Engadin mit der Nordschweiz verbinden. Auf der Nordseite machte ich kurz Halt am Marmomera – Stausee, der in einem wunderbaren wolkenverhangenen Morgenlicht glänzte. Das kleine Dorf Marmorera liegt übrigens auf dem Grund des Stausees und wurde steil am Hang neu aufgebaut. Der Pass ist gut ausgebaut und weiterhin die Hauptverkehrsachse nach Sankt Moritz. Einzigartig das Dorf Bivio in welchem drei Sprachen (Rumantsch, Italienisch und Deutsch) gesprochen werden. Bivio war früher ein extrem wichtiges Dorf an der Septimerroute, die seit Urzeiten als Hauptübergang zwischen Nord- und Südeuropa genutzt wurde, bevor der Gotthard und der Brenner diese Rolle übernahmen.

Berninapass – Passo del Bernina (2330m)

Weiter nach Süden geht es von Pontresina ins italienischsprechende Puschlav nach Tirano. Berühmt ist der Berninapass weniger wegen der gut ausgebauten Strasse, sondern wegen der Berninabahn, die in abenteuerlichen Kehren sich den Weg ins sonnige Veltlin bahnt. Markant beim Aufstieg die Berninagruppe mit dem Morteratschgletscher und dem berühmten Diavolezza Skigebiet. Sobald die Passhöhe erreicht ist, spürt man den südländischen, italienischen Einfluss in den schönen Ortschafen Poschivao, Brusio und dann definitiv nach der Grenze in Tirano.

Passo del Mortirolo (1851m)

Das Veltlin ist als relativ breites Tal ähnlich wie das Wallis von mächtigen Bergflanken eingefasst. Etwas nach Tirano zweigt bei Mazzo di Valtellina ein kleines Fahrsträsschen ab und führt 1300 Höhenmeter die Bergflanke hoch. Bei der Zufahrt sind Pfosten mit 2.50m Breite gesetzt. Diese sind bitter nötig, ist das frisch geteerte Strässchen doch auf dem ganzen Weg kaum breiter als ein Fahrzeug. Ausser 2 Motorradfahrer kam mir glücklicherweise niemand entgegen. Ein Super Pass mit Wahnsinns – Aussicht auf das Veltlin. Der wird auf der ‚To Do‘ – Liste für das Motorrad markiert. Auf der anderen Seite geht es auf einem etwas breiteren Trasse runter nach Monno.

Passo di Gàvia (2652m)

Von Ponte di Legno führt ein extrem schmales, schlecht unterhaltenes Fahrsträsschen zurück in Richtung Norden durch eine wunderbare Bergwelt, die nicht zufälligerweise Nationalparkgebiet ist. In endlosen Kurven schlängelt sich der Pass über das Gebirge und die vielen Motorradfahrer sind sicher so begeistert wie ich. Kreuzen ist auch hier sehr schwierig und eigentlich sollte man das Auto gar nicht mitnehmen. Nach dem Pass zeigt sich erstmals die Kriegsgeschichte dieser Region mit einem eindrücklichen Denkmal vor dem Hintergrund der Gletscher des San Matteo. Bei Sta Catharina mündet der Pass ins Valfurva und führt schliesslich in den berühmten Winterskiort Bòrmio.

Valle del Braulio

Der Streckenabschnitt zwischen Bòrmio und dem Umbrail bzw. dem Stilfserjoch ist kein eigentlicher Pass aber trotzdem separat erwähnenswert. Wieder aus militärischen Gründen wurde hier eine mittlerweile gut ausgebaute Strasse in die Felswand hoch über dem Braulio geschlagen. Pechschwarze Tunnels machen die Fahrt zu einem Erlebnis. Ich weiss noch wie ich vor einigen Jahren hier mit einem Bus durchfuhr und dieser in einem dieser Tunnels stecken blieb. Am Talende führen 14 Spitzkehren den Berg hinauf. Die Strasse war der entscheidende Nachschubweg im Krieg 1915 – 1918 um das Ortler – Massiv zwischen Österreich-Ungarn und Italien.

Stilfserjoch – Passo dello Stelvio (2758m)

Das Stilfserjoch ist wohl einer der hässlichsten Passhöhen der Welt wegen seinen Hotelbauten für den Wintersport, aber auch einer der geschichtsträchtigsten und höchsten der ganzen Alpen. Entsprechend beliebt ist der Pass und nun zur Zwischensaison wird alles für den Sommer in Schwung gebracht. Bereits jetzt tummelt sich bei regennassem Wetter eine grosse Anzahl Motorradfahrer auf dem Parkplatz. Das Stilfserjoch lockt nebst der Höhe vorwiegend mit den vielen Spitzkehren auf der Ostseite, die ich nun aber rechts liegen lasse und wieder in Richtung Umbrail runterfahre.

Der Militärhistorische Wanderweg am Umbrail

Während sich Italien und Österreich gegenseitig die Köpfe einschlugen, musste die Schweiz mit einer Grenzbesetzung im ersten Weltkrieg ihre Neutralität verteidigen. Auf 2500m Höhe wurde die Grenze ausgebaut und jeder Meter überwacht. Gleichzeitig gruben die Italiener zwanzig Meter von der Grenze entfernt im Bachbett Schützenlöcher in den harten Fels. Deutlich sichtbar noch heute der Grenzverlauf. Ein militärhistorischer Wanderweg lässt die Ereignisse und die Entbehrungen der Soldaten von damals an Schautafeln wieder aufleben.

Pass Umbrail (2503m)

Der Umbrailpass führt von der Italienischen Grenze durch das Val Muraunza hinunter ins Münstertal nach Sta. Maria. Berühmt und beinahe legendär ist der mittelprächtig ausgebaute Pass wegen seinem längeren Schotterabschnitt. Wer das Val Mustair nicht kennt sollte es unbedingt mal besuchen. Seine geografische Abgeschiedenheit macht es einzigartig. Bikern bekannt dürfte Sta. Maria wegen dem Nationalpark Marathon sein. Hier hinunter führt die Route von Scuol durch das wunderschöne Val S-charl über den Pass da Costainas. Weiter geht es dann durch das wilde Val Mora nach Livigno. Beide Etappen sind im übrigen Mountainbike Traumtouren. Und wer weiss, vielleicht sieht man gar einen Bär.

Ofenpass – Pass dal Fuorn (2149m)

Zurück gegen Norden führt die sehr gut ausgebaute Passstrasse von Tschierv nach Zernez. Dabei führt sie mitten durch den Schweizer Nationalpark und entsprechend wildromantisch ist die Natur links und rechts der Strasse. Bei Punt la Drossa erstaunt eine Zollstation direkt am Strassenrand vor einer Tunneleinfahrt. Hier führt eine Strasse 4km unter dem Berg durch direkt zurück nach Italien zum Lago di Livigno ins Bikeparadies. Nicht verpassen sollte man ein Besuch im Nationalparkzentrum am Dorfeingang in Zernez. Die Visite lohnt sich in jedem Fall, auch wenn man den Nationalpark selber nicht besuchen will.

Albulapass (2315m)

Von La Punt zweigt mitten im Dorf ein kleines Strässchen in Richtung Albula ab. Der Pass ist in ziemlich schlechtem Zustand und fordert die Stossdämpfer zum Äussersten. So richtig Platz haben Autos auf diesem Pass nicht. Besser wäre ein Enduro – Motorrad. Auch hier militärische Zeugen neueren Ursprungs. Mitten auf dem Pass an der Strasse ein Haufen aus Felsbrocken, der sich bei näherem Hinsehen als Bunker entpuppt. Zum Glück sind die Zeiten vorbei als wir diese Dinger noch brauchten. Auf der Abfahrt in Richtung Bergün gibt es wieder die Baukunst der Rhätischen Bahn zu bestaunen. Wohin man schaut, auf allen Seiten gibt es Eisenbahnlinien, -brücken und Kehrtunnel. In Filisur angekommen, fühle ich mich beinahe wie zu Hause und die restliche Fahrt nach Lenzerheide ist nur noch ein Katzensprung.

1 Kommentare zu “Die Acht – Pässe Tour !

  1. Als Aargauer unterwegs
    Antworten

    Wollte Dir hier schon lange mal was dazu schreiben. War am 21.06.07 gerade am Anfang von Paris – Rom und erst heute wieder zufällig gefunden, als ich Infos über den Gavia suchte. Musste während des einleitenden Abschnittes (Partnerin, kotzende Kinder) ganz schön schmunzeln. Kam mir alles so bekannt vor.
    Hatte nämlich während ein paar Jahren die Gelegenheit 2xjährlich aus familiären Gründen über den Julier hin und zurück zu fahren. Die eine Fahrt „leer“ in Deinem Sinne genossen, die andere mit Gepäck und Familienmitglied war dann etwas langweiliger.
    Grüsse aus dem Aargau, Urs

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