Wir haben Bikeferien, sind auf der Lenzerheide, schauen am Morgen aus dem Fenster und ahnten es schon gestern – Der Piz Scalottas ist in Schnee gehüllt und es ist ..schkalt! Das wird heute gar nix mit Mountainbiken. Irgendwie habe ich etwas Pech mit den Sommerferien. Sei’s drum, beim Frühstück hecken wir den Plan B aus, nach Thusis und danach über die Via Spluga in die Viamala Schlucht und retour. Beim Parkplatz in Thusis empfängt uns im Gebiet Übernolla eine Brandruine. Hier standen gestern zwei Gebäude lichterloh in Flammen. Eindrücklich! In diesem Kontext steht ebenfalls die Geschichte von Thusis, das 1845 fast vollständig niederbrannte und danach auf dem Reissbrett neu aufgebaut wurde. Interessant!
Ich wollte schon immer mal die Viamala zu Fuss besuchen. Heute fährt man mit dem Auto im Tunnel durch und sieht kaum etwas von jenem geschichtsträchtigen Ort, der während Jahrhunderten DIE Schlüsselstelle im alpenquerenden Süd-Nord Handel war. Der Einstieg in die Wanderung ist heftig. Nach der Überquerung des Hinterrheins steigen wir in mehr oder weniger direkter Linie zum Felssporn mit der Burg Hohen Rätien auf. Mein Sohn legt dabei ein knackiges Tempo vor. 😉
Etwas unterhalb des Gipfels mündet der Wanderweg in die historische Route, die hoch über dem Fluss die Schlucht umgeht. Für die Besichtigung der Burganlage ist nach dem Selbstzahler Prinzip ein Obolus von 5 CHF zu entrichten. Etwas teuer und unüblich, denk ich mir. Die Burganlage ist aber erstens in Privatbesitz und zweitens sehr schön hergerichtet.
Der Panoramablick vom Bergfried ins Domleschg ist super und in der anderen Richtung sehen wir den weiteren Wegverlauf links und rechts des Rheins. Wer schwindelfrei ist, kann sich an den Abgrund wagen und einen Blick runter auf Thusis riskieren. Fühlt sich basejumpmässig an!
Es folgt ein toller Wanderweg, immer hart dem Abgrund entlang, auf der sogenannten Via Spluga, der uralten Verbindung zwischen Thusis und Chiavenna. Höhepunkt dieses Abschnittes ist sicher der Traversiner Steg, welcher mit 56m Spannweite das gleichnamige Tobel überquert. Das Bikeverbotsschild ist übrigens insofern überflüssig, als der Weg definitiv nicht zum Befahren geeignet ist.
Immer tiefer geht es in die Schlucht rein, bis uns der Wanderweg am Besucher-‚Bunker‘ der Viamala Schlucht ausspuckt. Der Eintritt kostet 6 CHF und wir freuen uns erst einmal auf ein Kaffee auf der architektonisch eher speziellen Terrasse. Danach geht es viele Treppen runter in die Schlucht.
Die Schlucht selber ist nun nicht die Schlucht der Schlüchte, aber durchaus sehenswert, speziell weil sie sehr gut beschildert ist und viele interessante Dinge beschrieben werden. So tobte hier früher der Rhein bei Hochwasser fast auf Strassenhöhe durch die Schlucht – heute unvorstellbar!
Nicht verpassen sollte man einen kleinen Abstecher zu den historischen Brücken von 1739 und 1935. Die Verkehrswege stehen in der Viamala definitiv im Zentrum und an einer Felswand sind noch die Spuren einer mittelalterlichen oder eventuell noch älteren Galerie erkennbar. Die A13 umfährt die Stelle heute 300m weiter innen im Berg.
Der Rückweg erwandern wir auf der linken Talseite durch das verlorene Loch zurück nach Thusis. In der Alten Post von Rongellen kehren wir erst ein. Sehr freundliche Bedienung und sehr historisches Setting, sag ich da – empfehlenswert!
Zwischen Rongellen und Thusis führt der Weg auf der alten Kommerzialstrasse durch das sogenannte verlorene Loch. Die Stimmung auf der Strasse ist einzigartig. Eine relativ moderne Strasse wird hier dem Verfall preisgegeben. Eindrücklich zu sehen was passiert, wenn es keinen Unterhalt mehr gibt und wie gewalttätig die Natur in den Bergen ist.
Fazit: Eine tolle Wanderung durch die Viamala mit einem Highlight nach dem anderen. Auf den verlinkten Webseiten findet sich sehr viel Informationsmaterial, wie wir es uns aus Graubünden gewohnt sind. So füge ich hier nur noch die Statistiken der beiden Routen aus dem Viamala Wanderprospekt bei.
Hinweg: Route A / Thusis – Veia Traversina – Besucherzentrum, 7km, +640 / – 470hm, 3h10′
Rückweg: Route B / Besucherzentrum – Verlorenes Loch – Thusis, 5km, -500 / +330m, 2h20′
Ja, sehr schön die Viamala. Ich habe den Weg von Hohen Rätien über die Hängebrücke schon viel studiert und mich immer gefragt, ob das fahrbar wäre. Schade das hier zu lesen. Dann müsste ich eben auch mal die Wanderschuhe umschnallen.