Ein weiteres Tal, weit weg von Solothurn, von Chur und gar von Thusis, das Avers. Am Talende, auf 2125m das höchste ständig bewohnte Dorf der Schweiz, Juf. Wir sind im Hotel Capetta in Cresta einquartiert und viel Auswahl gab es diesen Sommer nicht. Die ganze Schweiz macht Ferien zu Hause in den Bergen. Für 224 CHF / Nacht kein Schnäppchen, aber in Graubünden kann man Gastronomie und das Essen im heimeligen Restaurant ist hervorragend!
Auf der gegenüberliegenden Talseite kämpft sich der letzte Wald auf 2100m hinauf. Danach ist Schluss und am Südhang gibt es im ganzen Avers kein Wald. So hat das Tal seinen eigenen, ungewohnten Charakter. Die Dörfer liegen ungeschützt an den Hängen und ich frage mich, ob es hier keine Lawinen gibt. Vielleicht sind die Winkel zu flach und es fehlen die hohen Bergflanken. Wir beginnen unsere Tour in Cresta auf 1959m. Die ikonische, weisse Kirche von Cresta ist der erste Blickfang und kontrastiert wunderbar mit den grünen Wiesen.
Bei Pürt verlassen wir die Talstrasse und fahren den Hang hinauf zu einem Höhenweg, unter dem scheinbar eine Wasserleitung fliesst. Szenerie und Aussicht sind herrlich. Unter den Reifen wächst das saftig hellgrüne Gras und es hat überall Alpenblumen. Nicht gerechnet habe ich mit einigen Bachrinnen, die sich tief in den Hang einschneiden. Konsequenz? Man(n) trägt das eBike der Frau über Treppenstufen. Trotzdem eine gelungener Ausflug parallel zur Strasse.
Vorbei an einem kuriosen Haus mit einer riesigen Modelleisenbahn im Garten und interessierten Gästen. Reto Fehr hat sich das bei seiner Velotour durch die Schweiz näher angeschaut. Bei Juppa (2003m) sind wir wieder auf der Strasse und schauen ins Bergalga, wo soeben ein Gewitter Weltuntergangsstimmung verbreitet. Die Fahrt nach Juf wird ein kleines Wettrennen zwischen Radler und Gewitterfront. Meine Oberschenkel schwächeln. Liegt es an den vergangenen Tagen oder der Höhe?
Im Restaurant Alpenrose warten wir den Regen ab und lassen uns zu einem feinen Mittagsmenü überreden, obwohl das reiche Frühstück noch gut im Magen liegt. Dicht gedrängt ducken sich die braungebräunten Häuser und Ställe an den Berghang. Früher wurde im Tal noch mit trockenem Schafsmist geheizt – heute sind die grauen Ziegel nur noch Fotosujets. Hinter Juf nur noch die Jufer Alpa mit der Forcellina, die zum Septimer Pass und runter nach Maloja führt. Auf der einen Dorfseite unberührte Natur, auf der anderen eine Riesenbaustelle. Es entsteht ein Stall, der gefühlt grösser als das ganze Dorf ist. Ich verstehe zwar rational den Zweck und die Notwendigkeit für die lokale Bevölkerung, habe aber trotzdem Mühe an diesem Ort einen solchen Riesenbau hinzustellen.
Auf der Rückfahrt machen wir einen Abstecher ins Bergalga, entlang des Murmelilehrpfades. Tatsächlich ist das Tal in fester Hand dieser Tiere. Auf vielen Lehrtafeln erfährt man Interessantes über die Murmeli. Derweil schauen diese in ganzen Rudeln den komischen Mountainbikern zu. In der Alp Olta Stofel (2074m) setzen wir uns an den gemeinsamen Tisch des jungen Älplerpaares und geniessen ein zVieri.
Nochmals lassen wir eine Regenwolke vorbeiziehen, bevor wir bei Sonnenschein den Rückweg nach Juppa und runter nach Cresta antreten. Auf der Hotelterrasse lassen wir diesen schönen Tag mit Arvenholz in der Nase und der Halbpension im Mund ausklingen. 😉
Fazit: Das Avers ist ein schönes, einsames Tal mit eigenem Charakter. Der richtige Ort um eine Woche im Sommer oder Winter Körper und Geist ‚runterzufahren‘. Biketechnisch gibt es nichts besonderes und trotzdem ist das Mountainbike ideal, um das weitläufige Tal zu erkunden.
Statistik: 21.7 km, ca. 433 Höhenmeter, Fahrzeit 1:46 h
Nicht den Weg namens „Walserweg“ zurückgenommen bei Juf? Herrscht da Bikeverbot oder es empfiehlt sich nicht?
Hoi Philipp
Hab bei der Recherche nichts zur Befahrbarkeit des Wanderweges Juf – Gallushaus gelesen und dann vor Ort nicht darauf geachtet. Wenn ich mir die Heatmat auf Strava ansehe, würde ich aber mal die Fahrbarkeit in Frage stellen. Lasse mich aber gerne eines Besseren belehren.
Beste Grüsse, Spoony