Nebelgrau, Temperaturen unter 10°C und eine Mörderbise. Da gibt es nur eine Fahrrichtung – gegen Westen. Ich fasse einen kühnen Plan – mit heftigem Rückenwind alles auf der Mittelland-Veloroute von Solothurn bis nach Neuchâtel und dann mit dem Zug zurück. 😉 Das werden gegen 70km sein, also die Kräfte etwas einteilen und mal schauen ob ich unterwegs in Coronazeiten nicht erfriere. Los entlang der Aare, vorbei an den Winterstörchen in Altreu, die je länger je mehr keine Lust mehr haben in den Süden zu ziehen. Wer dagegen Lust hat, kann den Störchen per Webcam direkt ins Schlafzimmer schauen.
Die Veloroute ist wirklich sehr schön angelegt und fast immer vom Verkehr entkoppelt, mit kleinen Ausnahmen in Erlach und vor Neuenburg. Bei Büren führt eine kleine Brücke elegant über den alten Arm der Aare, dem Häftli. Alles dem Aarekanal entlang fahre ich bis zum Wehr in Port, welches zur Zeit saniert wird. Wie geplant treibt die Bise den Radler mit einer Leichtigkeit gegen Westen und oft kratzt die Geschwindigkeit an der 30 km/h Grenze. Was für eine Freude!
Bei Schwadernau gab es einen kurzen Stopp wegen einem lustigen Schild. Leider sind zur Zeit das Restaurant wie auch der Nordpol unerreichbar weit weg. Obwohl ich nach irgendwelchen Take-Away Gelegenheiten Ausschau halte, verpflege ich mich am Ende aus dem Rucksack. Hier werden übrigens Versuche mit Reisanbau betrieben. Wenn das Feld ’nass und grün‘ ist, dürfte der Anblick etwas interessanter sein.
Ab Ipsach ist die Radroute entlang des Bielersees Neuland für mich, mindestens in dieser Richtung. Beim kurzen Aufstieg nach Lattrigen warten die einzigen nennenswerten Höhenmeter der ganzen Tour. Hier hat man einen schönen Blick über den Bielersee, zur Kirche von Ligerz und weiter zur St. Petersinsel. Na Ja, wenigsten vor meinem geistigen Auge, in der Realität ist alles ziemlich grau. Nächster Stopp ist das relativ neue Kraftwerk bei Hagneck. Eindrücklich was hier gebaut wurde, die Technik, aber besonders die ökologische Aufwertung der Aaremündung.
Es rollt gut, zum Glück, weil der gerade Abschnitt entlang der Kantonsstrasse ab Lüscherz würde mir sonst wohl auf die Psyche gehen. 😉 Weiter dem Seeende entlang rüber nach Erlach und entlang des Jolimont bis zum Gefängnis oder formeller, der Justizvollzugsanstalt St. Johannsen. Durchs Grissenmoos fahre ich entlang des Zihlkanals zum Neuenburgersee.
Den strategischen Übergang über die Kantons- und Sprachgrenze bzw der alten und neuen Zihl bewacht das gleichnamige Schloss. Die Tore sind zu, das Schloss ist leider in Privatbesitz. Ich bleibe noch kurze Zeit auf der deutschsprachigen Seite des Röstigrabens, bis es bei der Eisenbahnbrücke keine Alternative mehr gibt. Am anderen Ufer der Thielle angekommen, geht es durch die Quartiere von Marin zum Lac de Neuchâtel.
Vielleicht liegt es am welschen Flair, in jedem Fall grüsst die Sonne am See und lässt erste Frühlingsgefühle aufkommen. Ich esse auf einem Bänkli der Uferpromenade den mitgebrachten Snack und fahre dann zum Bahnhof hoch und mit dem Intercity zurück nach Solothurn.
Fazit: Das war echt eine gute Idee und selbst die Kälte war kein Problem. Bei guten Bedingungen und guter Bise wäre vielleicht gar Yverdon erreichbar.
Herzfrequenz Tech Talk
Jetzt noch zum zweiten Thema des Beitrages. Die Zeiten wo ich mich um Herzfrequenzen und Trainingspläne kümmerte sind schon Jahrzehnte vorbei. Seit Weihnachten bin ich jedoch Besitzer einer Garmin Solar Smartwatch und diese zeichnet Tag wie Nacht die Herzfrequenz auf. Bekannterweise sollte man im Winter ja Grundlagenausdauer fahren, also lange Touren in den mittleren Herzfrequenzbereichen.
Wie man oben von einer meiner Feierabendtouren sieht, fahre ich viel zu oft im roten Bereich. Obwohl ich nicht denke, dass meine anaerobe Schwelle bei 156 bpm ist, sonst könnte ich unmöglich so lange im Bereich 5 fahren. Die heutige Tour war also ideal für einen Test. Nachdem ich mich durch die Menüs meiner Uhr gekämpft hatte, konnte ich sie per ANT+ Protokoll an mein GPS koppeln, das nun die Herzfrequenz oben rechts anzeigt. Die Uhr kann zwar auch per Vibration anzeigen, wenn man den besten Herzfrequenzbereich verlässt, aber das nervt und frisst Batterie.
Ein weiterer Vorteil der Kopplung ist, dass man die Herzfrequenzdaten im .gpx Track hat. Natürlich kann man die Daten auch in jeder möglicher Form im Garmin Connect Portal aufarbeiten lassen, ich habe aber gerne die Daten (GPS Track, Temperatur, Geschwindigkeit, Herzfrequenz, Höhe) in einem einzigen Track. So fuhr ich also die Tour und stellte sicher, dass die Herzfrequenz unter der Schwelle von 156 Schlägen blieb.
Wie man sieht hat das dank Rückenwind und flacher Strecke toll funktioniert. Positiver Nebeneffekt: In Neuenburg hatte ich trotz 70km in den Beinen das Gefühl durchaus noch Kilometer anhängen zu können. Ich werde künftig also wieder etwas auf die Herzfrequenz achten und weiss schon jetzt, dass auf dem Mountainbike beim ersten richtigen Anstieg die Anzeige wieder tiefrot sein wird. 🙂
Statistik: 68.5 km, ca. 212 Höhenmeter, Fahrzeit 3:00 h
PS: Habe noch etwas die Werte gegoogelt. HFmax Faustformel bei meinem Alter wäre 168. Wenn ich die Aufzeichnungen der letzten Monate anschaue, ist das wohl in der Nähe der Realität. Ich tippe auf ca 5 – 7 Schläge mehr. Dann wäre die anaerobe Schwelle aber ziemlich korrekt mit 156 bpm.
Ist die Herzfrequenz über die Uhr gemessen? Oder über einen Pulsgurt?
Ich empfehle klar einen Pulsgurt. Die Daten sind viel genauer. Ich habe bei mir die Herzdaten von Uhr und Gurt verglichen und beobachtet. Bei mehr oder weniger regelmässigem Puls oder moderaten Anstiegen stimmen die Werte nicht schlecht. Bei schnellem Wechsel ist die Uhr überfordert. Der Pulsgurt ist extrem zuverlässig.
Ich habe daher GPS Gerät und auch Uhr mit dem Pulsgurt gekoppelt. Wenn ich also nur die Uhr dabei habe, so trage ich trotzdem den Pulsgurt.
Hoi Rotscher, ist über die Uhr gemessen. Im Vergleich zu früher scheint mir die Genauigkeit top! Aber du hast Recht, ich nehme mal den Brustgurt und vergleiche die Werte. Für meine Zwecke reichen aber wohl die Werte der Uhr locker. Zudem habe ich wieder festgestellt, dass ich den Puls relativ gut im Gefühl habe. Meistens fehlt einfach die Geduld, um im mittleren Pulsbereich zu fahren. Am besten man schaltet einfach einen Gang leichter als man möchte und schon kommt man aus dem roten Bereich.