Die Wanderung um die Altfinstermünz !

Regentage statt Bikeferien. Ich fahre von Davos nach Samnaun und beschäftige mich mit unsportlichen Herausforderungen wie dem Zigarrenkauf. Am zweiten Tag sind die Berge nebelverhangen und ich plane eine kleine Wanderung runter an den Inn. Mit dem Postauto geht es auf der österreichischen Seite aus dem Talkessel von Samnaun nach Pfunds (971m). Als erstes empfangen mich Wegweiser der Via Claudia Augusta, die hier um 47 die Alpen überquerte und eventuell gar bei Altfinstermünz den Inn querte. Die Kajetansbrücke, gebaut um 1854, damals noch in der Mitte als Holzbau, war der Beginn der Reschenstrasse, die heute abenteuerlich durch die Felswände südlich des Inns nach Nauders führt.

Die Wanderung beginnt entlang der Stützmauer der Inntalstrasse und ist nicht sehr beschaulich. Glücklicherweise liegt eine kulturhistorische Dichte über dem Tal. Alleine die opale Farbe des Inns und die Tatsache, dass er ins schwarze Meer fliesst, machen den Ort speziell. Oder das neue Kraftwerk im engen Tal und der kilometerlange grenzüberschreitende Stollen, der aktuell gebaut wird. Überall gibt es etwas Interessantes zu sehen.

Bei Schalk überqueren drei Brückengenerationen den Schalkbach. Die Kapelle und der abgelegene Hof lassen die historische Via Claudia nochmals spürbar werden. Auf der anderen Talseite die Reschenstrasse, welche eindrücklich durch die steile Felsflanke führt. Wenige Meter weiter begleitet die schweizerisch-österreichische Grenze den Wanderer, ungewöhnlicherweise irgendwo im Busch am Innufer verlaufend. Noch eine Kurve und der mitten im Inn stehende Turm des Übergangs und der Festung Altfinstermünz kommen ins Sicht – ein echter Hingucker.

Ich besichtige die ‚Erlebnisburg‘, welche seit 2011 mit viel Aufwand restauriert und als Museum betrieben wird. Die Anlage ist für Jung und Alt ein richtiger Abenteuerspielplatz, der die  abwechslungsreiche Geschichte der alten Mauern lebhaft darstellt. Sehr interessant und in jedem Fall ein Besuch wert. Mich zieht es weiter auf den Spuren des historischen Übergangs zum Reschenpass.

Ein schmaler Weg führt in vielen Serpentinen (wäre ein toller Biketrail) hinauf zur Reschenstrasse und dem verlassenen Hotel Hochfinstermünz (1135m). Scheinbar plant man eine Standseilbahn runter nach Altfinstermünz und in diesem Kontext wäre eine Wiederbelebung des Hotels sicher wünschenswert, obwohl ich mir das angesichts der stark befahrenen Strasse und der Platzverhältnisse nicht vorstellen kann.

Heute habe ich besonderes Glück, da die Reschenstrasse wegen notfallmässiger Felssicherungsmassnahmen für jeglichen Verkehr gesperrt ist. So wandere ich in der Strassenmitte durch Galerien in Richtung Nauders. Eine ganz spezielle Stimmung auf einer leeren Strasse dieser Grösse. Dieser Weg ist bei geöffneter Strasse natürlich keine Option, es gibt kein Wanderweg entlang der Strasse.

Vis à vis von Vinadi komme ich in den Genuss der alten Strasse, die ausserhalb der Tunnelgallerien durchführt. Was soll ich sagen, ziemlich viel Abenteuer und alle paar Meter wir nicht grundlos vor Steinschlag gewarnt, obwohl es sich mindestens streckenweise um den offiziellen Wanderweg handelt. Die Szenerie der verlassenen Strasse sind für mich Motivation genug, um das Restrisiko einzugehen, kleine Kletterpartie über eine Abschrankung in einem Tunnel inklusive.

So stehe ich schliesslich vor der Festung Nauders, ein Bauwerk mit ganz eigenem Charme. Leider sind hier Baumfällaktionen im Gang und so ist sowohl die Festung wie auch der Felsenweg gesperrt. Zu Römerzeiten hat der Weg in fahrbarer Steigung von Altfinstermünz direkt hier hinauf geführt. Beim Rückweg auf dem offiziellen Wanderweg sieht man gut das alte (wobei wir hier wohl vom Mittelalter sprechen) Wegtrassee. Ebenfalls eindrücklich die Felsrinne des Lahnstrichs, welche den alten Weg mitgerissen hat und heute wohl, wenn überhaupt, nur mit einer Seilbrücke überwunden werden könnte.

Zurück am Inn gibt es nach dieser Wanderung in der Klausenschenke einen feinen Tiroler Flammkuchen und ein Weizen. Für die Rückkehr nehme ich das Postauto auf der Schweizer Seite beim (ehemaligen) Restaurant Vinadi Weinberg. Es folgt die extrem abenteuerliche Postautofahrt auf der westlichen Talseite zurück nach Samnaun – Sitzplatz am rechten Fenster für Nervenkitzel empfohlen.

Fazit: Eine echte historische Abenteuerwanderung im Dreiländereck zu einem einzigartigen Zeitpunkt, der gesperrten Reschenstrasse sei Dank!

Statistik: 9.4 km, ca. 683 Höhenmeter, Wanderzeit 1:41 h

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