Die spontan auf der Karte geplante Tour von La Sarraz (508m) nach Le Day (785m) und zurück durch die Orbeschlucht entpuppte sich als absolute Hammertour. Natur, Kultur, Geschichte und Trails, gut abgeschmeckt! Nach dem Prolog starte ich im Zentrum von La Sarraz, nicht ohne dem schönen Schloss einen äusserlichen Besuch abzustatten.
Nordöstlich von La Sarraz umrahmt ein grosses Waldgebiet die Schlucht der Nozon. Ein dichtes Trailnetz durchzieht den Wald. Die Region komm auf die To Do Liste, um zu Fuss und mit dem Bike erkundet zu werden. Ich fahre auf einem scheinbar uralten Weg und der Blick ins Inventar der historischen Verkehrswege bestätigt meine Vermutung. Es handelt sich um die alte Verbindungsstrecke von Les Clées – Romainmotier nach La Sarraz. Reste von Eisenminen am Wegesrand unterstreichen das historische Setting.
Noch interessanter scheint mir die Natur. Gedrungene, verknorrte Bäume und Büsche, übersäht mit Flechten und Moosen, säumen den Weg. Eine Szenerie, wie ich sie in der Schweiz noch selten gesehen habe. Eine Mischung aus mediterraner Trockenheit und feuchten Nebelwäldern. Vorbei am historischen Steinbruch, der ‚Carrière Jaune‚ geniesse ich die Trails, die sich bis oberhalb von Croy hinziehen.
Nächstes Highlight ist Romainmôtier (673m), ein altes Kleinstädtchen mit einem noch älteren Kloster. Die Klosterkirche mitsamt Anbauten beeindruckt durch ihre romanische Schlichtheit. Leider bleibt keine Zeit für einen detaillierten Besuch. Ich überquere den Nozon und fahre hinauf zum Bois de Forel. Die Region ist gepflastert mit Informationsschildern und jedes Einzelne wird gelesen. Meistens finden sich lokale Informationen, welche selbst heute im Internet nicht zu finden sind.
Die historische Strasse führt nach Brétonnieres, ein Bauerndorf mit exquisiter Balkonlage über der Orbeebene. In der Ferne sieht man den Neuenburgersee und bei guter Sicht gäbe es sicher ein tolles Alpenpanorama. Ich folge der zweispurigen Bahnlinie und der Kantonsstrasse, welche auf der linken Talseite nach Vallorbe führen. Ein Waldweg folgt im steilen Gelände mehr oder weniger der Linienführung der Bahn. Ziemlich einsam hier, so einsam, dass eine Gänse partout nicht das Feld räumen will. Ich kann mich per Bike und Kamera auf wenige Meter nähern.
Es folgen einige Kilometer Feldweg direkt neben der Bahn. Auf der Landkarte ‚langestrichelte‘ Wege sind immer für Überraschungen gut. Die Natur wuchert meterhoch und das Dickicht wird immer undurchdringlicher. Immer wieder versuchen mich lange starke Ranken vom Lenker zu holen. Der Weg wäre perfekt um nach Vallorbe zu gelangen, aber in diesem Zustand ist er alles andere als familientauglich. Bei Les Grand Bois ist der Spuk zu Ende und zwischen Panzersperren erreicht man wieder die Hauptstrasse eingangs Le Day. Nun die Abzweigung in Richtung Übungsdorf der Armee nicht verpassen und unmittelbar am Haupteingang rechts, dem Zaun entlang abbiegen, für die nächste Portion Abenteuer.
Auf einem sehr steilen Weg geht es fahrend und teilweise laufend runter zum total 70m hohen Saut du Day. Hier wurde ab 1890, dank dem Kraftwerk, mit der damals revolutionären Elektrolyse Kaliumchlorat hergestellt. Heute finden sich nur noch gesprengte Steintrümmer in der grünen Natur. Der Wasserfall ist traumhaft und kann jederzeit mit tropischen Influencer-Hotspots konkurrenzieren. Der Fall lässt sich durch einen Tunnel unterqueren, mit dem Mountainbike im Dunkeln eine kleinere Übung.
Es folgt ein immer besser werdender Singetrail durch die Orbeschlucht. Zu Beginn muss das Bike immer wieder mal geschoben werden und dieser Tourabschnitt ist sicher nichts für stark bewanderte Zeitfenster. Spätestens nach der Usine de L’Ille bekommt der Weg suonencharakter, hoch über der Schlucht, kleinere in den Fels gehauene Tunnel inklusive – ein Erlebnis und etwas, was ich hier nicht erwartet hätte.
Bei Les Clées (589m) ist vorläufig ausgetrailt. Eine Burgruine bewacht standhaft die alte Brücke über die Orbe. Ich wechsle erneut die Talseite und gewinne auf der Strasse Höhe bis ein Pfad rechts abbiegt. Ein wunderbar unterhaltener Weg schlängelt sich den Höhenlinien der steilen Schluchtflanke entlang, unterbrochen von Passagen der Marke ‚Highspeedschotter‘. Gemeindearbeiter bauen neue Holzbrücklein, die zum spassigen Überfahren mit dem Mountainbike motivieren.
Vor Montcherand ist der Weg exponierter und gibt tiefe Blicke in die Schlucht und auf die Kalkwände frei, immer gut gesichert mit einem Geländer. Nicht fehlen darf ein Besuch bei der Grotte de Montcherand, welche aus der Nähe wegen Graffiti, Beton und Abfall eher abweisend wirkt. Nach etwas Suchen finde ich den Einstieg in den nächsten Singletrail, der mich direkt an die Druckleitung des Kraftwerkes Montcherand führt.
In Orbe (479m) gibt es eine Erfrischung, bei der ich diese Tour nochmals gedanklich durchgehe.
Fazit: Ich bin schwer begeistert! Mangels Zeit geht es auf der Hauptstrasse zurück nach La Sarraz – keine gute Idee! Ein Grund um nochmals zurückzukehren und einen Weg von Orbe über Croy und durch die Nozon Schlucht zu scouten. Das Ziel: Der perfekte Loop!
Statistik: 57.3 km, ca. 1096 Höhenmeter, Fahrzeit 4:36 h