Erster Tag auf dem Mountainbike in Samnaun. Erst mieten wir bei Zegg Sport ein Rocky Mountain Slayer 70 Fully für meinen Sohn. Im Gegensatz zu gestern ist heute Prachtswetter und wir können es kaum erwarten mit dem Twinliner zum Tridersattel hochzufahren. Die Anfahrt erfolgt auf der Talstrasse einige Kilometer runter nach Ravaisch zur Talstation (1780m). Rauf auf den Alptrider Sattel (2486m), Aussteigen, Helm richten und los geht es mit dem Trider Sattel 697 Flowtrail hinunter zur Alp Trida (2261m). Der Trail ist von der Marke ‚Murmelbahn‘, wer aber zu viel Gas gibt, sollte sich vor den schottrigen Kurven in Acht nehmen und im unteren Teil wollen einige Steinblöcke um- oder überfahren werden.
Wir steigen gleich in die Flimsattelbahn mit den charakteristischen orangen Sesseln. Die Mountainbikes werden dabei seitlich an einen Haken gehängt. Zu unserer Rechten sehen wir den Flimspitz, unter uns schlängelt sich ein weiterer Flowtrail durch die grünen Wiesen. Die Bahn spukt uns nach wenigen Minuten beim Flimsattel (2735m) raus.
Mit noch kalten Muskeln bereiten wir uns für die ersten selbst gefahrenen Höhenmeter vor. Auf schottriger Skipiste fahren wir via Viderjoch, Idjoch bis zur Greitspitz (2870m). Ich muss nicht erwähnen, dass dieser Kaltstart ziemlich hart ist, sei es in den Beinen, sei es in den Lungen. Bei mindestens zwei kurzen Rampen muss ich kapitulieren und einige Meter das Mountainbike schieben.
Die Greitspitz ist der höchste Punkt der Tour und vor uns liegt der alpine Singletrail auf dem Gart hinüber in Richtung Zeblasjoch. Der Starthang auf grobem Schotter ist eine kleine Mutprobe, danach übernimmt ein herrlicher Singletrail. Wir bewegen uns genau auf der Landesgrenze zwischen Österreich und der Schweiz. Für den Notfall hätten wir einen Ausweis im Gepäck, aber Grenzwächter auf dem Mountainbike haben wir keine gesehen. 😉
Zwischenziel ist der Salaaser Kopf (2743m). Im Gelände ist der Ischgl Ironbike Marathon ausgeschildert, der hier in einer Woche stattfindet. Um den Aufstieg fahrend zu bewältigen wurden zusätzliche Spitzkehren in den Hang gebaut. Es macht Spass auf dieser Höhe zu versuchen den Berg ohne Absteigen zu bewältigen.
Wir geniessen die Aussicht und den Panoramablick nach Süden in die Schweiz und nach Norden nach Österreich. Auf der Schweizer Seite liegt die Hochebene des Ravaischer Salaas und es lockt eine feine beige Linie – vielleicht ein Singletrail für einen anderen Tag?
Obwohl es 20°C ist, kühlt der Wind die verschwitzten Klamotten rasch durch und so fahren wir weiter auf Singletrails zum Zeblasjoch (2538m). Dazu queren wir den Schotterhang des Paliner Kopf auf dem breiten Skipistenweg. Etwas darunter steht die österreichische Zollhütte, eine historische Eigenart, versuchte man doch mit diesen Hütten hoch in den Bergen den florierenden Schmuggel einzudämmen. Genützt hat es nicht viel, Samnaun ist ja nicht umsonst Zollfreigebiet.
Nachdem wir einige Minuten durch eine Kuhherde aufgehalten wurden, fahren wir auf Highspeed-Schotterpisten 700 Höhenmeter durch das Val Musauna nach Samnaun Dorf (1840m). Mein Sohn testet dabei den Grip des Vorderrades und die Widerstandsfähigkeit eines Knies gegen den groben Schotter. 😉 Leider gibt es keine Singletrails, aber dafür entschädigt die einsame, nicht mit Skibauten verunstaltete Landschaft des einsamen Tales. Im Hotel Camona am Dorfeingang machen wir Mittagpause. Wir haben Lust auf mehr und fahren wieder durchs Dorf runter zum Twinliner.
Beim zweiten Mal macht der 697 Flowtrail bereits so viel Spass, dass wir gleich nochmals mit der Alptrider Sattelbahn nach oben fahren. Bei der dritten Befahrung muss ich mich etwas einbremsen, um nicht übermütig zu werden – hier noch etwas weiter springen, da noch etwas enger in die Kurve. In die nächste Bahn – rauf zum Flimsattel.
Auf dem Flimsattel darf das obligatorische Grenzbild nicht fehlen, je ein Rad des Mountainbikes in einem anderen Land. Links des Speichersees liegt der Einstieg zum nächsten Trail. Unterhalb der Sesselbahn führt der Viderjoch 697 Flowtrail zurück zur Alp Trida. Auch dieser Trail wurde durch Claudio Caluori in den Hang geshaped und ich lass einfach mal die Bilder sprechen.
Bei der Alp Trida nehmen wir die ‚Talabfahrt‘ in Form des Duty Free Ride 697. Der Flowfaktor ist hoch wie bei den beiden anderen Trails. Einzig die Anzahl der Spitzkehren wird etwas übertrieben, was sich an den vielen Abkürzungen in der direkten Falllinie äussert. Aber jedem das seine. Ein älterer e-MTBiker hat jedenfalls seine liebe Mühe mit dem Trail. Ich weiss zwar nicht, wieso man hier ein e-Bike braucht, wenn man sowieso alle Höhenmeter mit der Bahn zurücklegen kann.
Bei Chams wechseln wir die Talseite und fahren gar auf einigen Metern Northshore Trails. Das halbe Tal ist auf den Beinen und am Heuen. Da kriegt man als Feriengast fast ein schlechtes Gewissen. Im Talgrund liegt bei der Unteralp der scheinbar grösste Findling der Schweiz. Nun ja, so gross ist der auch nicht.
Zeitweise auf Feldwegen, teilweise steil über die Skipiste, verlieren wir die letzten Höhenmeter, bis wir in Laret (1745m) ankommen. Wir versuchen möglichst keine Höhenmeter zu verlieren und queren auf einer Nebenstrasse und dann auf dem Wanderweg dem Hang entlang nach Ravaisch. Die letzten Meter nach Samnaun Dorf sind etwas anstrengend, aber machbar.
Mit 3000 Höhenmeter Downhill in den Armen spüren wir den Tag. Das Fazit ist klar: Hier in Samnaun kann man Flowtrail fahren und Bahnen shuttlen bis zum Umfallen. Sehr zufrieden geniessen wir das Finisherbier im El Rico. Die lange und komplizierte Anfahrt nach Samnaun hat sich bisher voll gelohnt.
Statistik: 40.3 km, ca. 454 Höhenmeter, Fahrzeit 2:21 h, ca. 3003 Höhenmeter abwärts