Im Prinzip waren zwei Wochen Urlaub rund ums Haus geplant, aber bei diesen Wetterprognosen konnte ich nicht zu Hause sitzen. Leider hatte meine Frau noch einige Geschäfte zu erledigen und so zog ich alleine los. Ich hatte Lust auf Unbekanntes und Neues. Die Wahl fiel auf das Val de Bagnes, welches ich noch nie besucht hatte. Besser bekannt ist der Tourismusort Verbier, der ebenfalls biketechnisch einen guten Ruf hat. Die Anfahrt ist lang und führt über Martigny in Richtung Grosser Sankt Bernhard. Da darf ein Halt auf dem wohl schönsten Autobahnparkplatz kurz vor dem Gliontunnel mit einem tollen Blick auf den Lac Léman nicht fehlen.
Während die meisten Touristen bei Le Châble die Strasse nach Verbier nehmen, fahre ich geradeaus weiter ins Tal hinein. Die Strasse ist eng und windet sich durch die alten Walliser Dörfer. Je weiter man fährt, umso verlassener wird das Tal. Ausser der Elektrizitätswirtschaft läuft hier wohl nicht viel. Kurz vor der mächtigen Staumauer des Lac de Mauvoisin erreiche ich mein Tagesziel, die Alp Bonatchiesse und der im Talgrund liegende gleichnamige Campingplatz. Es ist Mittag und ich hätte Lust auf eine Biketour, muss aber zuerst das Zelt aufstellen und mich ärgern.
Da leiht man das 2-Mann Zelt einmal an die Teenies aus und findet danach eine kaputte Zeltstange im Sack. Mac Gyver mässig nähe ich die Gummischnur, welche die Stangen zusammenhält und fädle das Ganze wieder irgendwie zusammen. Die Notoperation gelingt und nach einer Stunde steht die Unterkunft und ich kann endlich aufs Mountainbike auf eine kleine Erkundungsfahrt. Gleich beim Eingang zum Campingplatz erklärt ein schöner alpiner Park die Herkunft der verschiedenen Gesteinsarten der Region – interessant.
Wohin nun? Viele Varianten gibt es nicht: Tal rauf oder Tal runter! Ich wähle das letztere und fahre runter nach Fionnay. Das Dorf besteht nur aus und wegen den Wasserkraftwerken. Da gibt es Speicherseen, Turbinen, Wehre und Druckstollen wohin man hinblickt. So erstaunt es nicht, dass das Wasser des Lac de Dix kilometerweit unter der Rosablanche hindurch hierher geführt wird, anstatt im eigenen Tal abwärts zu fliessen. Vollständig James Bond mässig ist das in eine Felswand gehauene Kraftwerk Fionnay mit seinen drei Trafostationen direkt im Berg. Beeindruckend, was hier konstruiert wurde und man fragt sich, ob das noch rentabel wäre, müsste man dies heute wieder bauen.
Ich fahre talwärts und verlasse das moderne Strässchen, um den Tunnel bei Plamproz zu vermeiden wähle stattdessen den alten Weg auf der rechten Talseite. Das gibt einige Trails runter nach Lourtier. Wie weiter? Der Tag ist noch jung und so suche ich die Traverse in Richtung Verbier und fahre zum idyllischen Dorf Sarreyer hinauf. Wallistypisch hängen die braungebrannten Holzhäuser zusammengekauert über dem Abgrund. Leider hat die Dorfbeiz geschlossen und stattdessen mache ich eine Dorftour und finde interessante Dinge, wie eine uralte Mühle, die nicht nur mahlt, sondern multifunktional ebenfalls sägt und presst.
Fast so beeindruckend sind die grossen Holzstapel in Sarreyer. Da braucht es etwas Mut um sich unter diesen Beige zu stellen. Scheint richtig solid gebaut zu sein…
Damit ich nicht zu spät zur Anmeldung zurück auf dem Campingplatz bin, wende ich und fahre den fast gleichen Weg wieder zurück. In Lourtier geniesse ich ein feines Dessert und kaufe im letzten Dorflädeli des Tales ein Sixpack Bier. Mit diesem Gewicht am Rücken wird der Aufstieg bei gefühlten 30 Grad zur Herausforderung. Ziemlich verschwitzt komme ich schliesslich in Bonatchiesse an und richte mich gemütlich beim Zelt ein, lausche dem Rauschen des Bergbaches und ‚chille‘ in die Nacht hinein, wie man heute so schön sagt.
Statistik Tour: 24.4 km, ca. 732 Höhenmeter, Fahrzeit 2:30h