Manchmal sind die gewünschten Ziele mit dem Mountainbike nicht erreichbar und so schnürte ich heute die Wanderschuhe für eine alpine Tour zur Cabane FXB Panossière. Zur Tour inspirierte mich ein kleines Plakat in Fionnay. Ich startete nicht im Dorfzentrum, sondern hatte die kluge Idee das Auto einige Kilometer talwärts, nach dem zweiten Tunnel abzustellen mit dem Ziel, eine schöne Runde von und zum Auto zu machen. Dafür büsste ich bereits auf den ersten Metern, war doch der auf der Karte eingezeichnete Weg nur ein grüner Dschungel aus Alpenblumen und Brennesseln. Irgendwann kam ich auf den offiziellen Wanderweg, der von Fionnay (1490m) nach Vers le Grenier de Corbassière (1959m) führt.
Der Weg ist steil und anstrengend und ich bin froh so früh gestartet zu sein. Trotzdem brennt die Sonne schon zünftig auf den Kopf. Am Gegenhang erblicke ich bereits das Tagesendziel, die Cabane Marcel Brunet – und noch weiter am Horizont die Gletscherplatte (Plan Névé) der Dents du Midi. Mit jedem weiteren Höhenmeter sieht man besser auf die weissen Berggipfel und auf 2150m lädt ein wunderbarer Holztisch mit dem passenden Namen ‚Mon Repos‘ zum ersten Rast ein.
Ab hier beginnt der erste von drei Höhepunkten der heutigen Wanderung – die Bisse de Corbassière. Im letzten Jahr wurde die Bisse renoviert und wieder unter Wasser gesetzt. Der alte Wanderweg wird so obsolet und man geht auf schmalen Brettern der Bisse entlang. So macht Wandern Spass! Obwohl die Bilder vielleicht etwas anderes suggerieren, ist die Suone nicht sehr ausgesetzt und immer gut abgesichert.
Bei der Alp Les Plans (2233m) endet die Suone in ihrem Ursprungsbach und via Plan Goli steigt man im Zick-Zack zur mächtigen Seitenmoräne des Corbassière Gletschers hinauf. Über längere Strecken wurde der Weg neu gegraben, weil die Moräne mit dem schmelzenden Gletscher am Fuss den Halt verliert und abzurutschen droht. Oben angekommen sieht man von weit die Schweizer Fahne der Cabane Panossière.
Ein letzter Effort und ich stehe um 1030 Uhr bei der Hütte und bin erstaunt wie gross und modern diese ist. Die Hüttenwartin füllt den Naturkühlschrank im Fass mit Getränken auf, die nach kurzer Zeit eiskalt sind. Perfekt für so einen heissen Sommertag. Draussen auf der Terrasse hat es einige Liegestühle mit dem untenstehenden Panorama. Da will man nie mehr weg! In der Ferne der vergletscherte Grand Colombin, unter mir der Glacier de Corbassière. Hier würde ich gerne mal übernachten!
Ich will noch nicht gehen und bestelle mir eine Omelette mit Käse zum vorgezogenen Zmittag. Ausgeruht und panoramatrunken mache ich mich, bevor die Tageswanderer einfallen, auf den Weiterweg. Auf dem Moränengrat wandere ich runter zur ebenfalls neuen Hängebrücke über den Gletscher.
Weil wie erwähnt der alte Weg mit dem Gletscherschwund zu gefährlich wurde, hat man im letzten Jahr die Passerelle de Corbassière gebaut. Die technischen Daten sind imposant: 210m Länge, 190m Spannweite und 70m Höhe. Zur Zeit ist die Brücke genau über dem Gletschertor, es ist aber zu befürchten, dass man nach dem Sommer 2015 im nächsten Jahr schon wieder über Felsen schreitet. Etwas Mut gefasst und los geht es über die Brücke, welche nicht zu wenig rhythmisch unter meinen Schritten mitschwankt. Höhenangst darf man hier nicht haben. 😉
Auf der anderen Wegseite wandert man durch eine vom Gletscher geformte Landschaft von geschliffenen Felsen, Moränenhaufen und ehemaligen Wasserläufen. Ein richtiges Paradies für Gletscherfans wie mich. Hätte man die Beweise in der Landschaft nicht, könnte man kaum glauben, dass der Gletscher noch zu Beginn des letzten Jahrhunderts auf der Höhe der Hängebrücke verlief.
Die Höhepunkte sind nun vorbei, die Tageswanderung ist aber noch länger nicht zu Ende. Zuerst steigt man ein recht steiles Stück auf der anderen Seitenmoräne runter und trifft trotz Temperaturen von über 30°C auf Restschnee. In einem grossen Bogen geht es einige Kilometer rund um den Becca de Sery ins nächste Tal, wo die Dyure de Sery wieder mittels einer Hängebrücke überwunden wird.
Oben sieht man die im letzten Beitrag beschriebene Wasserfassung, welche das kostbare Nass für den Lac de Mauvoisin sammelt. Kurz vor der Cabane Marcel Brunet sehe ich nach Fionnay und frage mich, wie man da wohl wieder ins Tal kommen soll. Langsam spüre ich Beine und Füsse und bin froh für eine kleine Erfrischung in der Alphütte. Hier ist ziemlich was los, kein Wunder, kann man doch mit dem Auto hochfahren.
Der steile Abstieg auf dem Wanderweg von der Hütte (2103m) nach La Shleye (1400m) ist definitiv kein Spass. Der Weg ist wenig begangen, sehr schmal und steil. Zudem zickt das GPS im steilen Hang rum und ich habe etwas Orientierungsschwierigkeiten. Bei feuchtem Wetter möchte ich jedenfalls hier nicht runter.
Weiter unten im Tal wird der Weg besser und ich habe das kleine Problem, dass mein Auto nicht dort steht, wo mein Wanderweg hinführt. 😉 Zum Glück finde ich einen ‚Noteingang‘ in den Shleyetunnel und komme so rasch zurück zum Auto. Dabei überquere ich die Brücke der Dyure de Corbassière. Der Bach tost – als flüssiger Gletscher – braunmilchig zu Tal.
Fazit: Sehr spannende, alpine Wanderung mit Suone, Gletscher und Hängebrücken sowie zwei guten Einkehrmöglichkeiten. Einzig der Auf- und speziell der Abstieg ist etwas suboptimal. Wenn man aber im Tal nicht den gleichen Ausgangspunkt wählt, gibt es bessere Alternativen und natürlich wäre da noch die tolle Möglichkeit in der Cabane Panossière zu übernachten.
Statistik Wanderung: 22.7 km, ca. 1482 Höhenmeter, Wanderzeit 7:10h
PS: Wer noch etwas mehr lesen will und des Französischen mächtig ist, dem sei dieser Artikel (.pdf) empfohlen.
Cooler Wandervorschlag, werden wir nächstes Jahr gerne machen.
Alles Gute
Rolf