Die Fahrrad Sicherheitsausrüstung und andere Vorschriften !

Angespornt durch einen Kommentar, habe ich mich mal im Gesetzesdschungel umgeschaut, was den eigentlich so alles an ein Fahrrad und damit auch an das Mountainbike müsste. Eine gute Informationsquelle nebst dem Strassenverkehrsgesetz sind die Infoblätter der Schweizerischen Beratungsstelle für Unfallverhütung (bfu). Vor einigen Wochen haben unsere Kinder das Infoblatt ‚Unterwegs mit fahrzeugähnlichen Geräten‘ von der Schule nach Hause gebracht. Trotz dem Titel auf Beamtendeutsch, ein gutes, bebildertes Merkblatt. Jetzt besitzen die Kickboards der Kinder Frontbeleuchtung!

Weitere Merkblätter des bfu zum Thema sind ‚Sicher Rad fahren‘ und ‚Mountainbike‘. Das Strassenverkehrsgesetz sagt nicht viel zur Ausrüstung von Fahrrädern, die ‚Verordnung über die technischen Anforderungen an Strassenfahrzeuge‚ dagegen um so mehr. Die Artikel 213 – 218 sind ein richtige Fundgrube. Lasst uns mal beginnen (Artikel leicht gekürzt…):

 

Art. 213 Allgemeines, Abmessungen, Kennzeichnung
1 Fahrräder … Sie dürfen höchstens 1,00 m breit sein. Die Lenkstange muss 0,40–0,70 m breit sein; sie darf das Lenken und Treten nicht behindern.
2 Am Rahmen des Fahrrades muss eine leicht feststellbare, individuelle Nummer eingeschlagen und der Name des Herstellers oder der Name der Herstellerin oder eine Marke unverwischbar aufgetragen sein.
3 Fahrräder, ausgenommen jene des Bundes, müssen eine gut sichtbare Vignette tragen.

Na dann los! Messen wir zuerst mal den Lenker nach! Und für alle über 2m da draussen, nicht die Knie am Lenker anschlagen! Und dann sofort die eingeschlagene Rahmennummer nachschauen und auswendig lernen.

Art. 214 Räder, Bremsen
1 Die Räder müssen geeignete Luftreifen oder andere, etwa gleich elastische Reifen
haben; das Gewebe darf nicht sichtbar sein.
2 Fahrräder müssen mit zwei kräftigen Bremsen versehen sein, von denen die eine
auf das Vorder- und die andere auf das Hinterrad wirkt.

Na, ist der Reifen abgefahren wie Babyhaut? Und die Bremsen, sind sie kräftig? …und Nein, nicht nach Gefühl, denn im Anhang sind auch die Prüfbedingungen beschrieben. Fahrradbremsen müssen 2m/s2 (1 Bremse) bzw. 3m/s2 (beide Bremsen) verzögern!

 

Art. 215 Rahmen, Kindersitz
1 Rahmen, Lenkstange, Gabeln und Räder müssen genügend stark gebaut sein.
2 Auf zweirädrigen Fahrrädern sind ausser einem Kindersitz nur so viele Sitzplätze erlaubt, wie Pedalpaare vorhanden sind.

 

Was heisst da genügend stark gebaut? Bei den heutigen filigranen Karbonmaschinen ist doch ’stark gebaut‘ schon eine Beleidigung, oder? Wenigstens sind wir Sitzplatzmässig gesetzeskonform.

 

Art. 216 Beleuchtung
1 Fahrräder müssen…, mindestens mit einem nach vorn weiss und einem nach hinten rot leuchtenden, ruhenden Licht ausgerüstet sein. Diese Lichter müssen nachts bei guter Witterung auf 100 m sichtbar sein. Sie können fest angebracht oder abnehmbar sein.
2 Die Lichter an Fahrrädern dürfen nicht blenden.
3 Für die Farben zusätzlicher Lichter gilt Anhang 10.

 

Jetzt wird es kompliziert! Jawohl, es braucht Beleuchtung (in der Nacht). Nein, das 1 Quadratzentimeter grosse Helmblinkerli ist nicht auf 100m sichtbar! Die Lampen, die sich preislich in Hardtailregionen bewegen und Namen tragen wie EDISON, NIGHTMARE PRO und V-BEAM dürften massiv gegen Absatz 2 verstossen! Also ab in den Müll mit dem Schnick-Schnack. Den Anhang 10 erspare ich Euch, ist es doch nur für Physiker verstehbar.

 

Art. 217 Rückstrahler
1 An Fahrrädern müssen mindestens ein nach vorn und ein nach hinten gerichteter Rückstrahler mit einer Leuchtfläche von mindestens 10 cm2 fest angebracht sein. Die Rückstrahler müssen nachts bei guter Witterung auf 100 m im Scheine eines Motorfahrzeug-Fernlichts sichtbar werden.

4 Die Pedale müssen vorn und hinten Rückstrahler mit einer Leuchtfläche von mindestens 5 cm2 tragen. Ausgenommen sind Rennpedale, Sicherheitspedale und dergleichen.
5 Anstelle der Rückstrahler können andere retroreflektierende Vorrichtungen verwendet werden, wenn sie in der Wirkung den Anforderungen an Rückstrahler nach Absatz 1 entsprechen.

 

Rückstrahler sind diese hässlichen roten und weissen Aufkleber, die wir spätestens 4 Stunden nach dem Kauf des Mountainbikes abkratzen und die diese extrem widerstandsfähigen Leimflecken am Rahmen hinterlassen. Sollten sie wider erwarten noch am Rahmen sein, dürften sie nie und nimmer 10 cm2 gross sein. Glück gehabt haben wir bei den Reflektoren der Pedale. Man stelle sich CrankBrothers Eggbeater mit Rückstrahler vor….

 

Art. 218 Zeichengebung, Warnvorrichtung, Diebstahlsicherung
1 Zur Zeichengebung für die Richtungsänderung können die Radfahrer reflektierende Bänder oder Lichter am Unterarm tragen. Diese Vorrichtungen müssen weiss oder gelb leuchten.
2 Fahrräder, ausgenommen Fahrräder mit einem Leergewicht ohne Führer oder Führerin von höchstens 11 kg, müssen eine gut hörbare Glocke aufweisen; andere Warnvorrichtungen sind untersagt.
3 Fahrräder sind mit einer Diebstahlsicherung (Schloss, Schliesskabel, Schliesskette oder dergleichen) zu versehen.

 

Man beachte in Absatz 1 das unglaubliche Wort ‚können’… (und das in einer Verordnung!). Wenigstens haben die meisten von uns eine Diebstahlsicherung. Wer alle diese Vorschriften erfüllt, der werfe den ersten Stein!

Gratulation wer bis hierher gelesen hat, denn jetzt kommt sie, die BEGRÜNDUNG für diesen Beitrag, der Grund wieso wir Bikes ab 4000 CHF haben, der Grund für die Titanschrauben, der Grund für die Bikewaage…

Ist das Fahrrad leichter als 11kg braucht es keine Glocke…, hab ich es doch gewusst!

Logisch nicht…….?

13 Kommentare zu “Die Fahrrad Sicherheitsausrüstung und andere Vorschriften !

  1. Eva Hollandrad
    Antworten

    Gott sei Dank, mein Lenker ist unter 70 cm breit. Ob eine Kuh-Knautsch-Hupe auch gilt? Bin unsicher.
    Ernsthaft: Danke auch von mir für die Zusammenstellung. Man kennt veraltete und seltsam anmutende Gesetzte ja eigentlich nur aus US-Staaten und nicht aus der Schweiz.
    LG, Eva

  2. mkellenberger
    Antworten

    Toller Beitrag! Macht mir schon fast Angst…ich denke grad darüber nach, ob ich bei der nächsten Polizeikontrolle auf oben beschriebene Dinge eingehen sollte falls die meinen an meinem Bike sei was falsch…nun gut, vorne ist der Reflektor weg, das geb ich zu. Aber warum sollte ich an den Pedalen solche Teiler haben und warum braucht einer mit Klickpedalen sowas nicht? Und wofür eine Glocke? Klar, mein Fahrrad hat 12 kg ^^ Aber die Renner die darunter liegen fahren bestimmt schneller und könnten die grösseren Unfälle verursachen. Eine Mega-Logik die uns da aufgebunden wird!

  3. Chris
    Antworten

    Nachtrag: Meine Info zur STVZO bezieht sich auf das DEUTSCHE Fahrrad…. Ob in der Schweiz auch solche Vorschriften bestehen, weiß ich leider nicht.

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  8. Roger
    Antworten

    Meci für die Ausführungen. Nun würde ich gerne an meinem Renner eine – natürlich nur im Dunkeln anzubringende – Beleuchtung montieren. Kann mir jemand ein Batterie-Frontlicht empfehlen, das man auch nur halbwegs vernünftig am Vorbau montieren kann? Am Lenker habe ich wirklich keinen Platz mehr. Da sind ja schon die Reflektoren, Hupen (Da ich ja keine Glocke brauche), Velocomputer etc. etc. angebracht.
    Merci und Gruess.

  9. beat
    Antworten

    Schöner Beitrag. Danke.
    Ich fahre seit 15 Jahren ein Mountainbike als Sportgerät und schere mich nicht um all die Regeln. Bisher hatte ich gottseidank keine Probleme dadurch. Hoffentlich bleibt das so 😉

  10. david
    Antworten

    ja, hoppla. da hat ja einer richtig gas gegeben und sich durch den dschungel der schweizer fahrradgesetze gekämpft
    mit diesem artikel hast du mal wieder einwenig licht ins dunkel gebracht.
    damit ist meine frage ja beantwortet und ich entferne jetzt mal die glocke vom bike und hoffe, dass es so unter die 11kg kommt 🙂

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