Am zweiten Tag unseres Yellowstone National Park Besuchs fuhren wir in Richtung Norden an den nächsten Übernachtungsort, dem Mammoth Hot Springs Hotel. Obwohl ich vor Monaten gebucht hatte, gab es im ganzen Nationalpark keine Möglichkeit mehr drei Nächte zusammenhängend an einem Ort zu übernachten. Im Nachhinein waren die Einzelübernachtungen, verstreut über den Park, gar nicht so schlecht, weil die Distanzen im Yellowstone doch ziemlich gross sind. Entsprechend wichtig ist es aber auch im Park selber zu übernachten, um stundenlange An- und Wegfahrten zu vermeiden.
Die Highlights auf dem Weg waren das Norris Geyser Basin, die Yellowstone Falls sowie die zahlreichen Tiere im Nordosten des Parks. Nachdem ich auf der Wegfahrt vom Old Faithful die Ausbruchszeit des Great Fountain Geysirs ausgerechnet hatte, entschlossen wir uns noch kurz vorbeizuschauen. Kaum hatten wir die Autotüren geschlossen, brach der Geysir bereits mir lautem Zischen und Fauchen aus. Was für eine schöne Überraschung nach dem Frühstück!
Das Norris Geyser Basin ist ein weitläufiges Areal mit vielen Geysiren und Hot Springs. Attraktion ist der höchste Geysir der Welt, der Steamboat Geysir. Leider ist sein Ausbruchsverhalten völlig unberechenbar und der letzte Ausbruch datiert im Jahr 2005. Trotz Inaktivität ist der Geysir sehr laut und aktiv und natürlich denkt jeder Besucher das Gleiche: Vielleicht habe ich den Lotto Sechser und das Ding explodiert vor meinen Augen! Ob das wirklich so angenehm wäre, ist eine andere Frage.
Das Norris Basin wirkt über weite Strecken wie eine Wüstenlandschaft. Die Natur wurde weggefressen durch giftige Dämpfe und heisse Gase. Die Bäume werden dabei oft richtiggehend durch Ablagerungen konserviert. Das Basin ist auch bekannt durch seine reinen Dampfgeysire. Aus allen Löchern dampft und faucht es, manchmal hört man die Geräusche meilenweit.
Nächste Etappe sind die Yellowstone Falls. Nach den spektakulären Schluchten in anderen Nationalparks dieser Reise, sind meine Erwartungen gedämpft. Die Realität ist jedoch wieder umwerfend. Der Yellowstone River ist kein kleiner Bach, sondern ein richtiger Fluss, in etwa in der Grösse der Aare. Wenn so ein Fluss 70m über eine Kante abfällt ist das ziemlich beeindruckend! Die darauf folgende Schlucht passt nicht so in die liebliche Landschaft des Yellowstone Parks und ist deshalb um so aufregender.
Wer Zeit und gute Beine hat, kann auch an den Fuss der Lower Falls wandern. Auf beiden Seiten des Canyons gibt es Wanderwege in den Talgrund. Wir verzichten darauf und begnügen uns mit der Aussichtsplattform am Scheitel der Upper Falls. Mit lautem Donnern fliesst das Wasser über die Abbruchkante in den Abgrund. Langsam etwas unter Zeitdruck verlassen wir das „Canyon Village“ und fahren weiter nach Norden.
Der Nordosten des Parks scheint in den Sommermonaten einiges reicher an Tieren zu sein als der Süden. Auf alle Fälle sehen wir die ersten Bären vom Auto aus. Die Szenen, die sich dabei am Strassenrand abspielen sind etwas unwürdig. Autos parkieren auf schmalen Strassen an unmöglichen Orten, der Verkehr bricht zusammen und Massen von Besuchern mit immer längeren Teleobjektiven gieren nach einem Blick auf die Bären.
Diese nehmen das Ganze gelassen und bleiben in einem respektablen Abstand zur Strasse. Meist ist Meister Petz sowieso nur mit dem Fernglas richtig zu sehen. Die Aufnahmen mit meiner Canon Digicam gleichen deshalb einem Suchbildrätsel. Die Faszination ist trotzdem da! Bären in freier Natur zu beobachten hat einen speziellen Reiz, eine Mischung aus Angst und Faszination.
Meine Tochter führte eine Statistik und innert weniger Stunden sahen wir mehrere Schwarzbären, eine Mutter mit zwei Jungen, einen Grizzly, Bisons, stattliche Hirsche (die sich auch wenig fotogen verhalten), Kojoten, diverse Hörnchen, ordinäres Wild und natürlich allgegenwärtige Bisons. Dies lässt erahnen was man sehen könnte, wenn man früh am Morgen zu Fuss auf die Pirsch gehen würde. Einzig die Wölfe machen sich rar, was nicht anders zu erwarten war.
Bevor wir in Mammoth Hot Springs ankommen, besichtige ich noch einen versteinerten Baum. Ungaublicherweise STEHT dieser immer noch im Feld und man muss dreimal hinschauen, um zu glauben, dass er nicht aus Holz sondern aus Stein ist. Der Baum hat aber eindeutig die Form stämmigerer Sorten, die heute im kühlen Klima des Yellowstone nicht mehr wachsen. Manchmal kommt mir der Yellowstone National Park ein wenig unwirklich vor – wie ist es möglich so viele spannende Dinge in einen einzigen Park zu packen!?
Heute Abend schlafen wir im Mammoth Hot Springs Hotel, erneut ein Haus aus vergangener Zeit. Das freistehende Bad im Badezimmer und die Dusche auf der Etage vermitteln nostalgische Gefühle. Vor dem Hotel weidet eine wilde Hirschherde den gepflegten Rasen ab. Die Wächter haben alle Hände voll zu tun, damit die Touristen genügend Distanz zu den Tieren halten. Hirschmütter scheinen ihre Kälber ziemlich aggressiv zu verteidigen und können durchaus neugierige Touristen verletzen. Wir geniessen derweil im Hotel eine historische Diashow, untermalt mit Live Pianomusik, zum Yellowstone Park.
Was für ein gelungener Tag!