Wie die Frühlingsferien besser starten, als mit einer richtigen Juratour über saftige Wiesen und steile Hänge. Wieso auf den Mont Raimeux? Erstens kann ich an den ’sacksteilen‘ Juraaufstiegen die Kletterfähigkeiten des Scott Genius 710 und die Frühlingskondition meiner Waden testen. Zweitens führen auf den Mont Raimeux gleich zwei Schotterstrassen, die im regionalen und nationalen Archiv der historischen Verkehrswege verzeichnet sind. Doch dazu in einem separaten Blogbeitrag etwas mehr. Da ich nicht gleich 3000 Hm zu Saisonbeginn hinlegen will, fahre ich mit der Bahn von Solothurn durch den Weissensteintunnel nach Gänsbrunnen. Danach geht es gleich richtig steil hinauf zur Backi, dem Clubhaus des SAC Weissenstein. Schon nach den ersten paar Hundert Meter suche ich am Bike einen zusätzlichen Gang. Im Verlaufe des Tages werde ich mich jedoch an die 2×10 Übersetzung noch gewöhnen.
Auf dem Oberdörferberg angekommen sehe ich mein heutiges Tourenziel in der Ferne vor mir. Diese felsige Flanken werde ich gleich zweimal mit dem Mountainbike bezwingen. Ich freue mich auf die versprochenen historischen Aufstiege. Doch zuerst geht es auf Schotter und Waldwegen rasant und teilweise steil runter ins sogenannte Le Cornet – Tal bzw. ins Dorf Crémines. Ab hier steigt nun die Schotterstrasse von 632m auf 1120m an und das auf ca. 1,7km Luftlinie.
Entsprechend happig ist die Steigung – wenn auch alles fahrbar, der kompakten Strasse sei Dank. Immer wieder schweift der Blick runter ins Tal. Echt toll solche Juraaufstiege. Oben angekommen grüsst ein Hof mit einer geschlossenen Alpbeiz. Trotz der vielen Berggasthöfe habe ich heute, einem Montag, wenig Glück. Der Charakter der Landschaft ändert sich auf dem Mont Raimeux in Richtung Jurahochebene mit Wiesen und lichtem Nadelwald. Ich kurble quer über Wiesen und entlang der Krete bis auf den Gipfel zum alten Aussichtsturm auf 1302m.
Auf dieser Höhe ist der Blick in alle Himmelsrichtungen frei. Im Norden sieht man runter bis nach Delémont. Im Süden liegt das Alpenpanorma im Dunst. Im Westen thront der Chasseral. Zeit für eine Mittagspause und ein kleines Mittagessen inmitten des Krokusteppichs. Erstes Fazit zum neuen Bike im Uphill: Karbon statt Kondition nützt wenig. Wenn aber genug Kraft in den Beinen ist, klettert das Genius auch die steilsten Abschnitte. Einzig der Travel Mode scheint mir etwas zu weich zu sein, bei tiefem Untergrund geht da viel Energie in die Dämpfung. Vielleicht muss ich die Gabel trotzdem noch ein wenig nachpumpen.
Es folgt eine High-Speed Abfahrt in Richtung Moutier über Schotterwege und Wiesen. Am Ende sind die neuen Bremsen definitiv eingebremst und ich muss aufpassen, die Scheiben nicht gleich zu verglühen. Ebenfalls gewöhnungsbedürftig ist das Bremsen mit nur einem Finger. Da braucht es wortwörtlich Fingerspitzengefühl, denn die XT Kolben greifen ziemlich heftig zu. Trotzdem bleibt Zeit die Landschaft zu geniessen. Beim Punkt 905 beginnt schliesslich die Singletrailabfahrt runter nach Moutier.
Auf keinen Fall sollte man das Bänkli beim Punkt 805 verpassen. Ein fantastischer Aussichtspunkt runter in die Klus von Moutier. Ich musste aufpassen, nicht vom stürmischen Wind von der Krete geblasen zu werden. Der Trail nach Moutier ist für Juraverhältnisse ein Traum. Bis auf die Spitzkehren (ich hab das Umsetzen immer noch nicht in meinem Fahrtechnikrepertoire) ist alles fahrbar – was für ein Spass. Das motiviert doch gleich dazu nochmals hochzufahren.
Über Löwenzahnwiesen geht es via Belprahon bis nach Grandval. Im Dorf suche ich nach Wasser, treffe aber keinen Menschen an und bei den Brunnen prangt überall ein ‚Kein Trinkwasser‘ Zeichen. Nun ja, im Notfall könnte man wohl trotzdem zugreifen – ich habe noch einige Deziliter und nehme also den zweiten Aufstieg unter die Räder. Diese Strasse ist nicht im gleich guten Zustand wie die erste, wenn auch bautechnisch mindestens so interessant. Schon bald muss ich einige Passagen schieben. Schuld sind die Steilheit, der zunehmend grobe Schotter und die schwachen Beine.
Je höher ich komme, umso häufiger werden die Verschnaufpausen. Gelegenheit um ein ganzes Rudel von Gemsen zu beobachten, die, als sie mich entdecken, ziemlich gehetzt durch die steile Fluh jagen. Überraschend werde ich noch von zwei Motocrossfahrern überholt – erstaunlich, dass man hier damit hinauffahren kann. Ansonsten ist diese Gegend ziemlich menschenleer.
Irgendwann schaffe ich es doch noch auf den Mont Raimeux hinauf: Auf der Abfahrt hinunter nach Moutier gehen alle Strapazen vergessen – ziemlich genial das Teil. Das neue Bike ist bergab einfach Genius – die scharfen Jurasteine werden nur so weggebügelt und die Variosattelstütze möchte ich bereits nach der ersten Tour nie mehr missen. Unten in Moutier angekommen, verzichte ich nach 2000 Hm auf eine weitere Jurakrete und steige in den Zug nach Oberdorf und geniesse die Abfahrt nach Solothurn. Was für ein Tag – was für eine Tour!
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2014-04-14 Raimeux Short (GPS Track unbearbeitet, Nachfahren auf eigene Gefahr!)
Statistik: 55,8 km, ca. 2018 Höhenmeter, Fahrzeit 5:32 h
wir waren auf der ‚via jura‘ tour basel-laufen-moutier-biel. waren uns über die aufstiege zum raimeux nicht einig. haben es dann dank deinem eintrag gewagt 😉 zum glück.
Danke Brödu
Ich hab ja immer Angst, dass meine Tipps hier für andere inkompatibel sind. Umso besser, wenn sie gefallen!
Danke für den Tourenbeschrieb und den dazugehörigen Track.
Die Tour lässt das Bikerherz höher schlagen. Die Highlights für mich waren die verblockte, aber fahrbare Kretenpassage und der Downhill nach Moutier. Auf den nochmaligen Aufstieg auf den Raimeux verzichtete ich, da ich auf der Heimfahrt noch am Weissenstein – Vorberg rumkurbeln wollte und meine Kondition noch Potential Luft nach oben hat
Die Weitsicht vom Aussichtsturm ist beeindruckend, sie reicht von den Vogesen und dem Schwarzwald im Norden, bis hin zu den hochalpinen Gipfeln des Berner Oberlands. Schön ist’s, unser kleines Land! 😀
Besten Dank für das Feedback. Das macht mir Freude, wenn ich zu Touren animieren kann und noch besser, wenn sie dann auch gefallen!
Hallo Spoony, bis Du immer noch mit dem GPSmap60 unterwegs? Von welcher Seite lädst Du die Touren auf das Gerät und wie zuverlässig ist das Nachfahren? Ich hatte letzten Sommer ein Edge, welches mich trotz gutem Empfang dauernd in grossen Ärger versetzte……..und Ende Saison sofort verkauft wurden.
Danke und Gruss, Beat
Hallo Beat – Jawohl, das GPSmap60 hält wohl ewig… Im Ernst, es hat seine Macken und fällt langsam auseinander, tut aber seinen Dienst tadellos. Touren lade ich mir meist als Inspiration von http://gps-tracks.com runter. Noch lieber klicke ich mir jedoch die Tour im Basecamp auf der Schweizer Landeskarte (dank Schweiz Topo Rasterkarte im SD-Slot des Computers) zusammen und lade sie dann auf GPS.
Schöne Tour über die Jurahöhen. Ich mag diese Gegend sehr und habe noch einige Touren geplant. Werde dabei wohl wieder einiges von Deinen Touren abschauen und mich inspirieren lassen 😉 Und die Umgebung von Moutier lässt einige Erinnerungen an Bikerennen in den 90-er Jahren aufkommen.
ja der Raimeux ist immer eine Reise wert, war ich früher auch oft oben, und muss ich auch wieder mal machen. nicht mal für ortskundige sind die spitzkehren alle fahrbar 😉
Sehr schöne Tour – ziemlich viel hömes …. 😛
Merci für Deine immer interesanten Berichte und schönen Fotos!
Ev. treffen wir uns am Buechibergmarathon… Napf hab ich auch angemeldet…
ä gueti Ostere