Der Kanton Genf und der See liegen in einem durch drei Höhenzüge umrahmten Becken. Zwei markante Berge habe ich bereits mit dem Mountainbike bezwungen, den Mont Salève (1379m) im Südosten und die Crêt de la Neige (1718m) im Nordwesten. Es fehlt der Riegel des Le Vuache / Montagne de Vuache (1101m), der im Südwesten das Becken abriegelt. Im Internet finde ich an diesem heissen Tag eine Tour zur Umrundung des gut 10km langen Bergrückens. Die Internetrecherche zeigt ebenfalls, dass eine Befahrung des existierenden Gratweges auf dem Le Vuache wohl keine tolle Idee ist.
Damit die Feierabendtour nicht zu lange dauert starte ich auf dem Parkplatz beim alten Zollhaus von Chancy. Durch den Bois de Chancy überquere ich auf erstaunlich matschigen Wegen die Grenze nach Frankreich. Bei Valleiry stosse ich auf die Via Rhôna, ein Radweg, der vom Lac Léman bis zum Mittelmeer führt. Radwege können sie, die Franzosen und erst kürzlich hat der Aargauer die ganze Strecke abgefahren. Mein Horizont ist kürzer und wird durch den Le Vuache begrenzt, der sich nun schön quer in die flache Landschaft legt.
Via die Dörfer Vulbens und Chevrier nähere ich mich der Klus, wo die Rhone die Juraausläufer durchbricht. Auf der genüberliegenden Seite des Fort de l’Ecluse windet sich ein kaum begangener Weg der Felswand entlang. Wieso ich weiss, dass ich in Frankreich bin? Im Gegensatz zur Schweiz schlägt das ‚Wildnis‘ Gefühl bereits wenige Kilometer von der nächsten Ortschaft entfernt voll zu – die Wälder und Wanderwege sind sichtbar weniger bis gar nicht gepflegt und entsprechend steigt das ‚Abenteuerfeeling‘.
Bevor der Weg im ‚Kniegelenk‘ in die Route de la Semine mündet, zweigt rechts der Wanderweg zum Weiler Entremont ab. Die Wörter ‚difficulté‘, ‚prudence‘ und ‚dangereux‘ auf einem Schild sind dabei wörtlich zu nehmen. Der Weg ist sehr ausgesetzt, verwittert, handtuchbreit und teilweise abgerutscht und notdürftig mit morschen Holzstämmen gesichert. Wer nicht völlig auf Abenteuer gebürstet ist, lässt den Weg rechts liegen und nimmt für 1.5 km die Strasse. Die Anderen tragen das Bike über den Weg und erfreuen sich den tiefgründigen Ausblicken zur Rhone und zum wunderbar geschwungenen Eisenbahnviadukt.
Wenigstens folgt nach dem Gröbsten der eine oder andere fahrbare Abschnitt Singletrail. Bei Entremont ist die heikle Passage vorbei und die Landschaft öffnet sich nach Süden. Im Rücken die mächtige Fluh des Le Vuache, zu den Füssen im Tal die sich windende Rhone und weiter die Höhen des Grand Colombier (1525m).
Auf beiden Seiten des Flusses schützen Forts und Burgen die Rhoneübergänge und die historische Grenze zwischen Frankreich und Savoyen. Man fühlt sich auf der Rückseite des Vuache im tiefsten Jura und weit weg von der Grossagglomeration Genève. Bei Arcine und der gleichnamigen Burg quäle ich mit bei brütender Hitze den Berg hoch.
Langsam schwinden die Kräfte – für eine Feierabendrunde ist die Umrundung des Vuache scheinbar etwas zu heftig. Vielleicht liegt es auch nur an den kurzen, aber extrem groben Steigungen in diesem Abschnitt. Bei der Autobahnbrücke verschnaufe ich und schaue dem Verkehr auf der A 40 zu, die sich in Schlangenform durch den Berg gräbt und Genf mit Lyon verbindet.
Etwas gemächlicher fahre ich auf Wiesen- und matschigen Waldwegen dem Bergrücken entlang. Die Beine werden schwerer und im Rückblick zeigt ein Blick auf die Karte, dass die Strecke bis nach Vovray langsam aber stetig auf 740m ansteigt. Die folgende Wiesentrailabfahrt nach Chaumontet kommt zur richtigen Zeit.
Ob Chaumont öffnet sich der Blick nach Westen. Das Dorf schmiegt sich um den ruinenbedeckten Hügel der ehemaligen Burg und markiert das Südwestende des Montagne de Vuache. Das Dörfchen profitierte von seiner strategischen Lage zwischen Genf und Lyon bis im 16. Jh die Strasse entlang der Rhone den Übergang wertlos machte.
Mich rettet heute der Dorfbrunnen bzw der mit ‚eau potable‘ bezeichnete Wasserhahn daneben. Irgendwie bin ich noch nicht auf sommerliche Hitze eingestellt. Kurz nach dem Dorf geniesse ich den Panoramablick in Richtung des Mont-Blanc Massivs und des Mont Salève. Als die Route entlang des Vuache wieder aufwärts will steige ich aus und fahre auf Landstrassen gegen den Wind und in direkter Linie zurück nach Valleiry und in die Schweiz.
Fazit: Interessante Juralandschaften entlang eines langen Bergrückens. Wie erwähnt ist der kurze Abschnitt nach Entremont unbedingt auf der Strasse zu umfahren. Ansonsten ist die Strecke sehr abwechslungsreich und wenn ich etwas fitter bin wäre der zweite Teil entlang der Nordostflanke des Le Vuache nochmals eine Tour wert.
Statistik: 39.8 km, ca. 781 Höhenmeter, Fahrzeit 2:58 h