Es ist nicht mein Stil hier täglich Superlative zu posten, aber bei 20km Schotter, 28km Wald- und Feldwege und über 7km Singletrail vom Feinsten, bleibt mir nichts anderes übrig. Wer immer dieser Marco ist (Tour Nr. 20), er hat Geschmack.
Bei warmen Temperaturen und stahlblauem Himmel kann ich heute gleich mit kurzen Kleidern starten. Ich mache mir nach der gestrigen Tour etwas Sorgen, ob ich die 70km durchstehen würde und nehme mir fest vor den Puls im Auge zu behalten und nicht in den roten Bereich zu kommen sowie etwas mehr zu essen und zu trinken. Vorweg, es hat sich gelohnt und bis zum letzten Aufstieg fühlte ich mich noch relativ fit. Der Durchschnittspuls war bei 149 Schlägen.
Start in der Lenzerheide (1476m) und dann gleich mal 12km Downhill via Lenz (1328m) und Brienz (1144m). Am frühen Morgen waren gar die Feldhasen ab dem schnellen Mountainbike überrascht. Dabei wird gleich klar, dass mit Singletrails nicht 1m Wanderwege gemeint sind, sondern echte Pfade in schwierigem Gelände. Der Weg steigt nun kontinuierlich von Dorf zu Dorf. Die Kirchen von Alvaneu (1181m), Schmitten (1301m) und Wiesen (1421m) weisen aus der Ferne den Weg. Tief unter mir rauscht zuerst die Albula und später die Landwasser.
Die Tour führt über Wiesen und Feldwege und nur wo es nicht anders geht, fährt man kurze Stücke auf Asphalt. Ab Wiesen geht es einen rasanten Schotterweg hinunter, um dann den sehr steilen Anstieg nach Steig (1650m) raufzufahren. Die Anstrengung wird erleichtert durch äusserst fantasievolle geschnitzte Holzfiguren am Wegesrand.
Nun folgt der erste Hammertrail, der Zügenweg. Ein vollständig fahrbarer Pfad in Handtuchbreite führt während 5km die steile Bergflanke ins Tal hinunter. Im Gegensatz zur gestrigen Tour ist hier der Weg tatsächlich sehr ausgesetzt und Fehler sind keine erlaubt. Zudem sollte man schwindelfrei sein und etwas Erfahrung mit Wanderungen in solchem Gelände haben. Kritisch sind speziell die vielen Bachübergänge, die oft viel Schotter auf den Weg werfen. Wer etwas Fahrtechnik und Vertrauen in 30cm Weg hat, der hat hier aber Spass wie sonst nirgends.
In Ardüsch (1408m) ist der Umkehrpunkt und ein Strässchen führt nicht allzu steil nach Monstein (1626m), ein typisches Bündner Bergdorf mit Kirche und Dorfladen – und einer Brauerei. Das Monstein-Bier lasse ich aber sein und kaufe stattdessen im Dorfladen 2 Bananen und fülle das Bidon mit kühlem Quellwasser auf.
Nach einem weiteren Anstieg kommt das zweite Singletrail Highlight, der Pfad vom Kulminationspunkt (1758m) der Tour hinunter nach Jenisberg (1504m). Auch hier, bis auf zwei, drei Stufen alles fahrbar, einfach genial. Aber auch dieser Weg ist ausgesetzt und verlangt volle Konzentration. Der Blick auf die andere Talseite zum Zügenweg lässt mich etwas an meinem Geisteszustand zweifeln. Eine einzige Fluh mit einem schmalen Wegband.
Erstmals gibt es nun einige Wanderer, die mit etwas Unglauben über den Biker den Weg freimachen. Die vielen Bikespuren am Boden beweisen aber, dass ich nicht der Einzige bin. Dies bestätigt mir die Wirtin in der Gässälibeiz in Jenisberg.
Ein sehr steiler Weg führt runter in die Zügenschlucht. Auf der alten Fahrstrasse geht es durch Tunnels zum Bärentritt (1236m). Mehrere hundert Meter tiefer tost die Landwasser durch die Schlucht. In einer unglaublichen Ingenieurleistung bahnt sich die Rätische Bahn den Weg durchs Tal. Bei diesen Aussichten ist das Mountainbiker – Glück ist perfekt. Doch Zeit zum Ruhen bleibt nicht.
Ein weiterer Trail führt zur Station Wiesen (1197m) und weiter in die Schlucht hinunter, wobei für nicht lebensmüde einige Schiebepassagen talwärts notwendig sind. Ab jetzt führt der Weg 12km der Albula entlang bis nach Tiefencastel (851m). An einigen Stellen hat der wilde Fluss den Weg fast mitgenommen, was etwas Mut brauchte um die heiklen Stellen zu passieren. Hoffentlich kann man dies reparieren, da es kaum Umgehungsmöglichkeiten gibt. Imposant übrigens der Landwasserviadukt (1902 gebaut, 65m hoch, 142m lang) bei Filisur, den man am Talboden unterquert.
Beim Elekrizitätswerk Prada gibt es dann noch ein Fahrtechniktest. Es gilt über 200m auf einem lenkerbreiten Weg mit mannshohen Zäunen links und rechts zu fahren. Spannend, nur nicht mit den Lenkerhörnchen einhängen!
Ab hier gilt es auf 12km nochmals 600 Höhenmeter rauf auf die Lenzerheide zu machen. Kein Schleck mit 65km Trails in den Beinen. Doch die Tour würde nicht so heissen wie sie heisst, wenn die restlichen Kilometer nicht über schmale Waldwege führen würden. Eine Herausforderung an Beine und Psyche. Doch mit einigen Päuseli schaffe ich mit letzter Kraft den Aufstieg.
Fazit: Eine Wahnsinnstour für Singletrail Liebhaber. Kilometerweise Pfade und Wege und alles ausnahmslos fahrbar! Einzig gutes Selbstvertrauen in Material, Kondition und Fahrkünste ist notwendig. Bisher erste Tour, wo die Trails lückenlos fahrbar sind und nicht mit falschen Versprechen (sprich Schieben und Tragen) gelockt wird.
Statistik: 75 km, ca. 2042 Höhenmeter, Fahrzeit 06:21 h
PS: Ich war eine Stunde schneller als im Tourenführer vorgegeben wird. Unglaublich was man so leisten kann! Zum Glück regnet es Morgen. Mein Körper braucht dringend einen Ruhetag!
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