

Leider gibt es wieder einen Beitrag mit sehr vielen Bildern – aber ich konnte mich einfach nicht für weniger entscheiden. Diese Tour hat sich anlässlich der VexLaax14 in meinem Kopf festgesetzt und heute habe ich sie in Tat umgesetzt. Bevor man sich auf diese Tour macht sollte man zwei Dinge kontrollieren: 1. die Postautozeiten auf den Simplon und 2. die Schiessanzeigen der Armee im Simplongebiet. Jede gute Biketour beginnt mit einer Reise durch den Lötschbergtunnel. 😉


Im Nu ist man so in Brig. Leider fahren die Postautos an Wochentagen erst um 0920 Uhr in Richtung Pass. Dafür ist der Bikeanhänger trotz Traumwetter leer und ich fahre mit einem vollen Postauto rüstiger Seniorenwanderer in Richtung Pass. Der Simplonpass ist seit Jahren eine einzige Baustelle und so brauchen wir eine gute Stunde auf die Passhöhe (Simplonblick, 2005m). Übrigens: KEINESFALLS mit dem Fahrrad auf den Pass fahren – dieses Abenteuer zwischen Baustellen, Gallerien und Schwerverkehr will sich niemand antun.



Unter den Blicken des steinernen Simplonadlers sattle ich das Mountainbike und fahre in Richtung Alp Hopsche. Hier gilt es sich mental auf den Aufstieg zur Üsseri Nanzlicke (2602m) vorzubereiten. Der Wanderweg basiert auf einem alten Karrweg, der das typische fahrbare Gefälle eines Weges hat, der mit Wagen befahren wurde. Entsprechend ist theoretisch alles fahrbar. In der Realität heisst es um jeden Meter zu kämpfen. Mit dem Vorderrad falsch eingefädelt – Absteigen; mit zu wenig Schwung über die Felskante – Absteigen; zu wenig Balance auf dem Schotter – Absteigen. 😉



Ich nehme es als Herausforderung und bin schliesslich begeistert wieviel ich von der Strecke in diesem alpinen Gelände fahren kann. Nur im obersten Teil gibt es einige echte Schiebepassagen, wo der Wanderweg den alten Weg in der Direttissima verlassen hat. Auf der Nanzlicke angekommen ein Panoramatraum – auf der einen Seite der Simplonpass, auf der anderen Seite das verlassene Nanztal und der Blick zum Gibidumpass und der restlichen Route.


Am Schönsten ist aber die Gewissheit zu haben, dass es nun (mindestens auf dem Papier) genau 1924 Höhenmeter runter nach Brig geht. Es beginnt mit einem wahren Trailfeuerwerk runter zum Bistinepass. Auch hier handelt es sich um ein ehemals gut ausgebautes Strässchen. Die verschiedenen Stützmauern sind Zeuge davon. Nach einem kleinen Zwischenanstieg beim Galetälli durch ein Felsband geht der Flow weiter bis zum Punkt 2483.


Hier ist dann fertig lustig und das Bike will geschoben (und zeitweise getragen werden), mindestens bis nach Obers Fulmoos (2452m). Ich würde sagen es lohnt sich. Nicht nur wegen dem folgenden Suonentrail, sondern weil diese Gegend einfach so gottverlassen ist. Ins Nanztal führt keine richtige Strasse und so ist man hier wunderbar einsam (trotz einiger weniger Wanderer) und den in dieser Jahreszeit allgegenwärtigen Jägern (auf dem Heimweg).


Im Talkessel kann man die Moränenlandschaft geniessen. Der weiter oben glänzende Gamsagletscher hat nicht nur eine Steinwüste, sondern ebenfalls eine kleine Moorlandschaft mit Seen und Tümpeln hinterlassen – Zeit für einen weiteren Rast.


Einige Schritte weiter entspringt die Heido-Suone dem Gletscherwasser, die entlang der ganzen Talflanke das kostbare Wasser bis zum Gibidumsee transportiert. Im oberen Bereich ist sie teilweise in Röhren gefasst und zwei steile Rampen wollen überwunden werden. Im Schwarzbachtobel liegt sogar noch Schnee.


Wunderbar ausgesetzte Abschnitte wechseln sich mit Wiesensuonenflowtrails erster Güte ab. Immer mit einem klaren Kopf und voller Konzentration fahre ich kilometerweit der Suone entlang. Je weiter man fährt umso spassiger und einfacher wird der Weg. Übermütig darf man aber nicht werden, wie das Bild unten beweist. Hier steigt man besser vom Bike und greift zur Halteleine.



Und dann sehe ich ihn endlich im Sonnenlicht, den Gibidumsee (2195m) (das letzte Mal war hier ja ziemlicher Nebel). Ich halte mich nicht lange auf und fahre gleich weiter auf den Gibidum (2317m). Der unscheinbare Gipfel zwischen Visp und Brig ist nicht zu unterschätzen. Irgendwie ist der Aufstieg nur teilweise fahrbar, obwohl die Höhenkurven dies auf der Karte nicht andeuten. Dafür weisen die umfangreichen Antennenanlagen auf einen Aussichtspunkt erster Güte hin. Tatsächlich ist das Panorama auf dem Gibidum umwerfend – sogar der grosse Aletschgletscher blinzelt auf der anderen Talseite hinter der Riederalp hervor.



Da bleibt mir kaum etwas anderes übrig als erneut einen ausgedehnten Rast einzulegen und auf dem Bänkli die Aussicht und einen Energieriegel zu geniessen.


Die folgende Abfahrt beginnt mit echtem Freeriden quer durchs flache Buschwerk und später auf einem Top-Singletrail hinunter nach Stafel und zur Bergstation Giw. Es folgt gleich ein perfekt geschwungener Singletrail durch den Bawald bis zur Bodmeri Suone. Die Spuren deuten auf einen massiven Gebrauch durch Mountainbiker hin und entsprechend flowig fährt sich das Teil.


Und im gleichen Stil geht es entlang der Bodmeri Suone weiter. Via Muttji fahre ich immer der Suone entlang bis Hüoterhüsi. Nach diesem Abschnitt weiss man wieder, wieso das Wallis wohl doch das besten Bikerevier der Schweiz ist. Im Prinzip würde es nun so weiter runter nach Visp gehen, aber mir steht es nach Abenteuer. Ich folge einer alten Suone zurück nach Äntschi in Richtung Nanztal.


Der Abschnitt gleich nach dem Hüoterhüsi, einem alten Suonenwärterhaus, ist bereits sehr herausfordernd. In der Felswand, zum Glück mit Geländer, zirkle ich das Bike über den schmalen Weg. Irgendwann hat der breite Lenker keinen Platz und ich muss für wenige Meter das Mountainbike über Geländer und Abgrund halten um weiter voranzukommen. In diesem Stil geht es weiter und es ist vieles, aber nicht alles fahrbar. Zudem sollte man nicht nur auf den Heiland vertrauen, sondern auch mal absteigen.


Der Weg zieht sich in die Länge, aber der hintere Teil wird zunehmend einfacher zu fahren und der Talgrund ist nicht mehr ganz so nah am Vorderrad. Nach einem erneuten kurzen Anstieg zweige ich links in Richtung Nanztal und Gamsa ab. Der Pfad ist nun wild, schmal und nur noch wenig begangen – kein guter Ort um einen Unfall zu haben. Entsprechend vorsichtig gehe ich vor. Auf der anderen Talseite winkt bereits der tolle Nanztalweg in der Felswand. Einige böse Spitzkehren weiter unten überquert man auf einer Holzbrücke die Gamsaschlucht.


Auf der anderen Seite braucht es nochmals einen kleinen Kraftakt, um das Bike über grobe Felsen auf den Weg zu tragen / zu schieben. Zum Glück weiss ich was auf mich wartet – eine weitere Traumabfahrt raus aus dem Nanztal runter nach Brig. Das letzte Mal war alles feucht und ich hatte den 13 kg Mehrtagesrucksack auf dem Rücken – heute fahre ich entsprechend locker auf trockenem Untergrund mit viel Speed aus dem Tal. Nach Schratt geht es links auf den Wanderweg und die direkte Linie fordert nochmals die ganze Fahrtechnik. Auf ziemlich grobem Schotter geht es steil die Bergflanke runter nach Holzji und weiter nach Brig. Einzig die Reihe gefällter Bäume übersteigt meine Bunny Hop Fähigkeiten bei Weitem und ich muss absteigen.


Fazit: Eine anspruchsvolle Traumtour. Ich glaube eine der Touren mit dem grössten Singletrailanteil überhaupt. Besonders gefällt der Loop ins Nanztal, trotz der Tragepassagen. Einzig der Abschnitt ab Huoterhüsi ist nicht mehr als ‚Bikestrecke‘ zu empfehlen und nur für abenteuerlustige und bergängige Genossen zu machen – deshalb gibt es hier auch keinen GPS-Track. Alternativ kann man schon beim Gibidumpass ins Nanztal abfahren oder gleich nach Visp runterfahren.
Statistik: 42.9 km, ca. 1217 Höhenmeter, Fahrzeit 5:22 h