Mountainbiken im Val d’Anniviers !

So, Zeit die Berichterstattung über meine Mountainbike Woche im Val d’Anniviers abzuschliessen. Auf dieser Seite nochmals alle Touren zusammengefasst und einige weitere nützliche Infos.

Graniumdorf GrimentzEnzian im Val dAnniviers

Zuerst die Übersicht der Touren:

Das Val d’Anniviers ist ein typisches langgezogenes Walliser Südtal mit einer engen Zugangsschlucht und rustikalen Dörfern auf Hochterrassen. Hinten im Tal thronen die 4000er der Matterhorngruppe. Speziell Grimentz kommt als ‚Musterbergdorf‘ daher. Doch auch die anderen Dörfer haben ihren Charme. Der Hauptort und Verkehrsknotenpunkt ist Vissoie. Weitere Orte sind Zinal, St-Luc und Chandolin. Die Orte sind auf einer Höhe zwischen 1200m und 1900m.

Abenteuerliche Zufahrtsstrasse ins Val dAnniversSteinerner Kirchturm von Vissoie

Die Zufahrt ist nur über eine ziemlich abenteuerliche Strasse möglich, die speziell im Postauto bleibende Eindrücke hinterlässt. Ins Val d’Anniviers gelangt man ab Sierre / Siders. Weitere Informationen gibt es auf der Webseite des Tals und auf der Webseite der Bergbahnen. Dank den warmen Sommerabenden war es problemlos möglich in einem Zelt auf dem Campingplatz ‚Pont d’Anniviers‘ im Dorf Mission zu schlafen.

Camping Freude mit Walliser SpezialitätenCamping du Pont dAnniviers

Die zentrale Lage hat sich dabei überaus bewährt. Alles nötige konnte man bei Bedarf in Vissoie einkaufen, wichtig natürlich die Walliser Spezialitäten wie Käse, Speck und Trockenfleisch. Der Campingplatz bietet wenig Komfort, ist aber sehr freundlich, günstig und eine Buvette hat es trotzdem. Die neuen Bungalows sehen sehr gut aus und ich werde wohl einmal in diese mit der Familie zurückkehren.

Biketransport an den PostautosPass liberté - Val dAnniviers

Das Beste am Tal ist der Pass Liberté, den man ab einer Übernachtung (auch als Camper) erhält. Damit sind die Postautostrecken und alle Bahnen im Tal (und noch einiges mehr) kostenlos! Ein richtiger Mountainbiketraum, auch wenn man für das Bike selber jeweils noch ein halbes Billett bezahlen muss, was völlig in Ordnung ist. Wer zudem an einem einzigen Lift gravitymässig den ganzen Tag rauf- und runter will, muss eine Tageskarte lösen – faire Lösung. Einziges Problem ist die sehr kleine Anzahl der Biketräger an den Postautos und der ‚ausgedünnte‘ Fahrplan. An Spitzentagen gibt es da schon etwas Gedränge. Weitere Infos am besten via die Postauto-App!

Tracks - Bike Park Saint LucLogo Bike Park Saint Luc

Das Tal bietet in St. Luc einen Bikepark mit drei Strecken in unterschiedlichen Schwierigkeitsgraden. Der Park macht einen sehr familiären und sympathischen Eindruck und an der Talstation kann man Mountainbikes mieten. Wer lieber runter fährt, kann sich hier gut einen Tag lang austoben. Insgesamt hat mich das Val d’Anniviers richtig überzeugt und ich muss sagen, dass die französischsprechenden Walliser einen Tick gastfreundlicher sind als die ‚Chnuschtis‘ im Oberwallis. 😉

Die Bisse de Ricard !

Ist das fahrbar?Bisse de Ricard - Tunnel

Am letzten Tag meiner Bikeferien im Val d’Anniviers hatte ich noch ein kleines Projekt offen. Bei der Fahrt nach Vissoie mit dem Postauto fiel mir auf der anderen Seite der Schlucht ein vielversprechend aussehender Weg auf. Dem Gefälle nach konnte es sich nur um eine Bisse bzw. eine Suone handeln. Bei über 30° Grad  in Sierre sind Schluchtabenteuer immer einer gute Idee.

Bisse de Ricard - Zu gefährlich mit dem MountainbikeBisse de Ricard - klingt spannend...

So fuhr ich mit dem Auto kurz nach Chippis und machte mich auf die Suche nach dem Einstieg. Der war rasch gefunden, markiert doch ein Tunnel den Austritt der Suone aus einem langen Tunnel. Wie rechts zu lesen, versprach der Weg ziemlich viel Abenteuer und tatsächlich konnte ich die ersten paar hundert Meter mit dem Bike einer ausgesetzten alten Suone entlang fahren bis ein erster Hangrutsch das Unternehmen jäh beendete.

Bisse de Ricard - Aufwändige VerbauungenBisse de Ricard - Schöne Passage

Angesichts des sehr losen Schotters und des gähnenden Abgrundes nahm ich kein Risiko, bzw. etwas weniger Risiko 😉 und liess das Bike stehen. Dank meinen trittsicheren Schuhen liess sich dieses und noch ein zweites Hindernis gut überwinden. Als dank gab es ein richtig schöner alter Suonenweg der Felswand entlang, der immer tiefer ins Tal und hinab zum Fluss führte.

Bisse de Ricard - Hängebrücke bei NioucBisse de Ricard - Wasserfassung

Die Erbauer der Bisse hatten mit diesem instabilen Hang kein Glück und immer wieder musste der Verlauf der Wasserleitung mit Tunnels und Verbauungen neu gelegt werden. Ebenfalls ständig dem Lauf der Natur angepasst wird die eigentliche Wasserfassung, was die aufwändigen Konstruktionen am Wegende beweisen. Man steht nun direkt unter der eindrücklichen Hängebrücke von Niouc, wo sich Waghalsige am Gummiseil in die Schlucht stürzen.

Bisse de Ricard - Typisch SuonenBisse de Ricard - Offener Teil in Richtung Chalais

Ich wende und wandere zurück an den Ausgangspunkt und fahre mit dem Mountainbike entlang der nun offen fliessenden Bisse de Ricard. Gut zu sehen ist, wie das milchige Bergwasser die trockenen Wiesen bewässert. Der Pfad führt über weite Strecken durch den Wald und am Ende gibt es ein handgeschriebenes Bikeverbotszeichen (Zum Glück bin ich in die andere Richtung gefahren). Nein, im Ernst, die Suonen sind natürlich sehr beliebte Wanderwege und die leicht zugänglichen Strecken in der Nähe des Tals, sollte man nur zu Randzeiten oder gar nicht befahren. Das war doch ein toller Abschluss dieser fünf Tage!

Die Illhorn und Illgraben Tour !

Superttrail runter vom WeisshornGeografisches Zentrum Kanton Wallis

Kleine Warnung, dies wird ein ziemlich langer Artikel, wie es sich für einen epischen Singletrailtag mit über 3400 Hm Abfahrt gehört. Der Tag kombiniert die Touren ‚Weisshorn Direttissima‘ und ‚Illgraben‘ aus dem Buch ‚Singletrails in den Schweizer Alpen‘ mit einem Schuss aus der Illhorn Tour der Ride 02/2012. Wenn man auf 2336m übernachtet hat dies den Vorteil, dass am Morgen der Tourbeginn zuerst mal abwärts geht. In diesem Fall auf einem wirklich tollen Trail runter nach St-Luc (1676m), nicht aber ohne Fahrtechnikherausforderungen in Form frischer und tiefer Entwässerungsgräben.

Panorama Weisshorntrail

Alte Suone in Richtung St-LucSuonentrails in Richtung St-Luc

Zu meinem Erstaunen fuhr ich zufällig am Mittelpunkt des Kantons Wallis vorbei. Dabei hatte ich jüngst über ein Projekt – Mittelpunkte der Schweiz nachgedacht. Im unteren Teil führt der Trail dann nochmals ruppig bergwärts entlang einer alten Suone. Die Suonen (oder Bisses auf französisch) sind die uralten Zeugen der Walliser Landwirtschaft in diesen unwirtlichen Bergtälern. Nach einer kleinen Brücke geht es  entlang einer immer noch genutzten und unterhaltenen Suone wieder mit viel Flow weiter.

Panorama - Walliser Bikeimpressionen

Erscheint manchmal etwas sinnlos - Suonen über BachSuonenkanäle wie früher

Immer wieder sieht man, dass Suonen auf kunstvolle Art und Weise irgendwelche Bäche queren. Da frag ich mich dann immer, wieso man das Wasser nicht gleich hier abfasst. Aber irgendein Grund wird es schon haben. Auf der restlichen Fahrt zurück zur Bergbahn nach Tignousa ergeben sich einige famose Panoramen, welche den Charakter des Mountainbikens im Val d’Anniviers sehr schön wiedergeben.

Panorama - Walliser Bikeimpressionen

Blick auf ChandolinToller Singletrail Tignousa - Chandolin

Ab der Bergstation Tignousa (2186m) führt nun ein sehr gut fahrbarer Singletrail über Wiesen und Wälder hinüber nach Chandolin zur Talstation (1930m) des Sesselliftes nach Tsapé (2475m). Unkompliziert wird das Bike einfach auf eine Decke eines Sessels gelegt und ich sehe schon mein Bike im freien Flug, aber alles kommt heil oben an. Nun könnte man wohl diese Runde wie eine Acht mit der Aufstiegshilfe der beiden Lifte den ganzen Tag so weiterfahren, aber ich möchte noch etwas höher hinaus.

Panorama - Par di Modzes

Biketransport Chandolin Rotse - TsapéBergstation Tsapé

Von Ruhe ist auf 2500m nichts zu spüren. Schwere Lastwagen fahren die Alpstrasse hoch und bringen Beton für die Reparatur der Illsee Staumauer nach oben. Hier, wie auch in fast allen Skigebieten, wird im Sommer repariert und ausgebaut und wenn wir Mountainbiker ehrlich sind, so dürften die Höhen zwischen 2500m und 3000m fast ausschliesslich wegen den Skianlagen für Fahrräder zugänglich sein.

Panorama - Aufstieg Illhorn

Staumauerreparatur IllseeIllhorn - Blick in Richtung Illsee

Nach einem Blick auf die technisch interessante Baustelle am Illsee wende ich und fahre in Richtung Illhorn. Tatsächlich ist die Strecke hinauf zum Illseepass (2544m) fast vollständig fahrbar. Danach muss das Mountainbike auf das Illhorn (2716m) getragen werden. Ich lass das Bike auf halbem Weg liegen und erklimme den Gipfel ohne Räder. Das unscheinbare Illhorn bietet schliesslich das beste Panorama dieser Woche. So schweift der Blick von den Berner Alpen, über das Wallis hinüber zu den bereits bekannten Gipfeln der Matterhorngruppe.

Panorama auf dem Illhorn in Richtung Illgraben

...und runter geht es dem Skilift entlangWo ein Skilift ist, ist auch ein Bikeweg

Ich verzichte auf die im Ride Magazin vorgestellt Abfahrt ins Wallis via Illalp. Was im Ride mit Fahrtechnik Stufe 4 angegeben ist, wäre für mich sonst wohl zu einem Abstieg im eigentlichen Wortsinn geworden. Dafür wende ich mich wieder gegen das Val d’Anniviers und fahre direkt ein Skilifttrasse runter. Es folgt erneut ein wunderbarer Singletrail mit tollen Aussichten in Richtung Illgraben.

Panorama - Trail in Richtung Illgraben

Buschwerk in Richtung IllgrabenMountainbike am Abgrund des Illgraben

Der Trail windet sich ganz schmal durch dichtes Buschwerk. Nach einem kurzen Aufstieg steht man schliesslich am Schweizer Grand Canyon – dem Illgraben. So direkt am Abgrund ist der Graben wirklich äusserst eindrücklich und in seiner Art sicher einzigartig in der Schweiz. Es folgt eine sehr steile Tragepassage auf einem rutschigen Pfad, der alleine nur schwierig zu bewältigen ist. Zu zweit sollte der kurze Abschnitt machbar sein, richtige Absturzgefahr besteht übrigens nicht.

Panorama Illgraben

Alp Ponchet

Nach diesen Abgründen gibt es eine tolle Fahrt hinüber zur Alp Ponchet (1870m), welche man wieder so wie früher nutzen möchte. Ich geniessen einen der besten Eistees meines Lebens. Es folgt die lange Abfahrt nach Sierre und ich muss sagen, dass sie dem Brasilianer in nichts nachsteht. Einige Abschnitte sind mir etwas zu steil und ich muss schieben.  Schon etwas müde verzichte ich bei Beauregard auf die Falllinie und nehme dafür einen schnellen Schotterweg ins Tal.

Pfynwald - verwachsene und nicht unterhaltene AbfahrtAbgebrannter Teil des Pfynwald

Doch ein letztes Abenteuer wartet. Ab dem Ochsenboden verläuft die Tour mitten durch den abgebrannten Pfynwald auf einem nicht mehr unterhaltenen Spitzkehrenweg runter zum Talboden. So ist der Schluss ein Kampf mit Felsbrocken, Schotter, im Weg wachsenden Bäumen und immer wieder kriegt man Schrammen an Armen und Beinen. Der Weg hätte wirklich eine Kettensäge und einige Schaufeln nötig, aber der Naturschutz hat hier wohl etwas dagegen. Bei 33° komme ich in Siders glücklich an. Was für eine Traumtour!

Statistik: 46.1 km, ca. 762 Höhenmeter aufwärts, 3406 Höhenmeter abwärts, Fahrzeit 4:36 h

Der Ruhetag im Hotel Weisshorn !

Tignousa - MatterhornTignousa - Walliserplatte

Die ersten drei Tage und vor allem das Schlafen im Zelt haben mich schon etwas mehr belastet als geplant. Das Fahren auf diesen bergigen Singletrails ist  kräftezehrender als die reinen Höhenmeter- und Kilometerangaben vermuten lassen. So entschied ich mich heute trotz oder auch wegen des tollen Wetters zu einem Ruhetag. Doch zuerst musste ich logistisch vorplanen, das hiess Zelt abbauen, Mountainbike nach St-Luc bringen, Auto nach Sierre führen und mit dem Postauto zurück. Ich wollte an diesem Tag nicht darauf wetten, dass das Postauto genügend Plätze hätte um mich und das Mountainbike zurück ins Val d’Anniviers zu führen.

Tignousa - Bike Park St-LucTignousa - Observatorium

So war es den 12 Uhr als ich erneut hoch oben an der Bergstation Tignousa stand und auf der Terrasse eine Walliserplatte verdrückte. Das Teil war nicht billig aber wohl gefüllt mit 400g Fleisch. Von meinem Sitzplatz aus konnte ich gut den Downhillern des Bikeparks St-Luc zuschauen. Meine ursprüngliche Idee, einmal die blaue Piste zu versuchen habe ich verworfen, waren in der Bahn doch nur vollarmierte Bikeritter zu sehen.

Tignousa - Panorama

Hotel WeisshornHotel Weisshorn - Zimmer

In der Nähe der Bergstation findet sich das bekannte Observatorium von St-Luc. Der Ferienort hat sich voll der Astronomie verschrieben und überall im Dorf gibt es auf Schautafeln interessante Informationen zu unserem Himmel zu lesen. Mit etwas schwererem Rucksack als sonst fuhr ich hinauf zum Hotel Weisshorn (2337m) und bezog mein rustikales Zimmer. Und wenn ich rustikal sage, meine ich das so. Das Hotel ist wirklich noch im Stil des letzten Jahrhunderts gehalten und es gibt im ganzen Haus wohl keinen rechten Winkel.

Hotel Weisshorn - Blick aus dem ZimmerfensterHotel Weisshorn - Gang

Es knarrt und knarzt bei jedem Schritt und die Türen haben alle irgendwo fast fingerbreite Spalten. Im Hintergrund wurde das Gebäude aber technisch sehr aufwändig und nachhaltig renoviert. Toiletten und Dusche gibt es auf dem Gang. Im Zimmer riecht es wunderbar nach Holz und die Betten sind etwas kurz, aber bequem. Auf den bequemen Sesseln der Terrasse, gleich neben dem Alpengarten, geniesse ich mit anderen Gästen die Abendsonne.

Hotel Weisshorn - Sonnenuntergang Panorama

Um 1930 Uhr ist Abendessen angesagt und da das Haus voll ist, sitze ich mit zwei anderen Einzelgästen am gleichen Tisch. Einer davon ist Hobbyastronom und so verbringen wir den Abend und die halbe Nacht bei einem guten Glas Whisky und starren in den klaren Himmel. Leider war das Nachtessen mit dem Raclette wegen den vielen Gästen (organisatorisch) nicht sehr zufriedenstellend, aber mit etwas Geduld gab es am Ende doch genug des tollen Käses.

Hotel Weisshorn - Dent BlancheHotel Weisshorn - Lounge und Terasse

Fazit: Die Übernachtung ist mit 150 CHF (inkl Halbpension und Frühstück) in Ordnung. Die Preise vor Ort sind der Lage entsprechend happig und müssen ins Budget einkalkuliert werden. Es empfiehlt sich das Haus an einem Tag zu besuchen an dem es nicht ausverkauft ist. In jedem Fall war das ein tolles Erlebnis und gab Kraft für die Tour am Freitag.

Statistik: 6.2 km, ca. 294 Höhenmeter, Fahrzeit 0:48 h